Schulpolitik:Islamischer Unterricht wird doch ausgebaut

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Modellversuch soll nicht auslaufen, wie Experten zuletzt befürchteten - Minister Piazolo denkt an "Werteunterricht", der für junge Muslime konzipiert ist

Von Anna Günther, München

Nach Monaten des Bangens können Lehrer und Schüler aufatmen: Der Islamische Unterricht in Bayern wird ausgebaut. An diesem Dienstag wird sich der Ministerrat wahrscheinlich damit befassen, sagte Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Im Koalitionsausschuss hatten FW und CSU in der vergangenen Woche beschlossen, den seit zehn Jahren als Modellversuch laufenden Islamunterricht für muslimische Schüler nun doch auszubauen und nicht, wie zuletzt befürchtet, Ende Juli auslaufen zu lassen. Wie genau dieser Ausbau vonstatten gehen soll, müsse der Ministerrat entscheiden, sagte Piazolo der SZ. Islamunterricht schon im Herbst als Regelunterricht anzubieten, sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Piazolo schwebt vor, den Modellversuch zunächst um ein oder zwei Jahre zu verlängern und dann zu verstetigen. In dieser Zeit soll ein Rechtsgutachten erstellt und das Schulgesetz angepasst werden, zudem könnten weitere Schulen Islamunterricht einführen. Mehr als 100 000 junge Muslime lernen derzeit an Bayerns Schulen, nur 16 000 von ihnen bekommen staatlichen Islamunterricht. Der Minister spricht von einem "Werteunterricht wie Ethik", der für junge Muslime konzipiert sei, aber auch interessierten Schülern anderer Konfessionen offenstehen könnte. Wie das Wahlpflichtfach heißt, ist offen. Im Landtagswahlkampf hatte sich die CSU vom Wort "Islamunterricht" distanziert. Piazolo sagt, man müsse sehen, ob der Titel einen Mehrwert bringe. Dabei berichten Schüler und Lehrer, dass sie sich gerade auch deshalb gleichwertig und geschätzt fühlten.

Der Zeit-Puffer käme auch der Universität Erlangen-Nürnberg zupass, an der seit 16 Jahren Lehrer für islamischen Unterricht ausgebildet werden. Zuletzt war auch dort die Unsicherheit groß. Wenn künftig deutlich mehr Schulen Islamunterricht anbieten sollen, muss auch die Uni mehr Lehrer ausbilden. Momentan decken 100 Islamlehrer mehr als 350 Schulen ab. Die meisten dieser Pädagogen sind befristet angestellt, die Zukunftsangst hatte zuletzt zu Unruhe an Schulen geführt. Einige Lehrer dachten daran, Bayern zu verlassen. Dabei ist unter Experten unbestritten, dass staatlicher Islamunterricht sich positiv auf die Integration junger Muslime und ihrer Familien auswirkt. Innenminister Joachim Herrmann und der Antisemitismusbeauftragte und Ex-Schulminister Ludwig Spaenle (beide CSU) werben seit Monaten für den Ausbau des Modellversuchs.

Außer dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hatte auch die Landeselternvereinigung der Gymnasien die Ungewissheit kritisiert. "Das Signal ist für alle muslimischen Familien positiv. Der Islamische Unterricht ist akzeptiert und das Angebot wird gerne genutzt. Bayern kommt in Sachen Integration ein gutes Stück voran", sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.

© SZ vom 25.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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