Streit um Schulöffnung:Testfall Unterricht

Coronavirus - Schulen

Was hält sie in der Hand? Eine Viertklässlerin in München mit einem Röhrchen einer Speichelprobe nach einem selbst durchgeführten Coronatests.

(Foto: dpa)

Die Landesregierung deutet eine Testpflicht an allen Schulen an, Lehrerverbände wehren sich: Sie fürchten um die Gesundheit, wenn Kinder für den Abstrich die Maske abnehmen. Kurz vor dem Ferienende ist unklar, wie es in den Schulen weitergeht.

Von Anna Günther

Gemessen an der Aufregung vor den Ferien ist in der bayerischen Schulfamilie Osterruhe eingekehrt. Oder banges Warten. Denn die Konfliktlinien stehen, viele Fragen zum Schulbetrieb nach den Ferien sind ungeklärt: Kehren weitere Jahrgänge zurück in die Schulen? Bleiben alle daheim? Für wen gilt die Testpflicht? Wo werden die Tests durchgeführt? Was ist mit den Impfungen für Lehrer? Wie sieht das vor Wochen angekündigte Förderkonzept für Schüler mit Lernlücken aus?

Nach dem Impfgipfel in der vergangenen Woche hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärt, dass er sich "größte Sorgen um das Thema Schule" mache. Bei Kindern und Jugendlichen war das Infektionsgeschehen zuletzt dynamischer als in anderen Altersgruppen. Söder kündigte für diesen Mittwoch Antworten an. Dann soll das "Testregime" geklärt sein, Gesundheitsschutz stehe an oberster Stelle. Das dürfte Lehrern, Eltern und Schülern aus dem Herzen gesprochen haben. Dass er aber all deren Wünsche erfüllt, ist unwahrscheinlich.

Besonders das Ultimatum des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands hatte scharfe Kritik ausgelöst. Alle Verbände fordern Impfangebote für alle Lehrer, aber BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann knüpft dies an eine Bedingung: "Wer den Fuß in die Schule setzen soll, braucht vorab ein Impfangebot." Damit wäre die Impfreihenfolge obsolet. Bisher sind nur Erzieher und Lehrer der Grund- und Förderschulen dran, Lehrer weiterführender Schulen müssen warten. Dieses Ultimatum hatten Söder und Kultusminister Michael Piazolo (FW) abgelehnt, andere Verbände distanzierten sich.

Weiterer Streitpunkt ist das Testen. Söder forderte wiederholt eine Testpflicht in Schulen, die gibt es aber längst: In Hotspots dürfen nach aktuellem Plan nach den Ferien nur getestete Abschlussklassen, Elft- und Viertklässler in die Schule, alle anderen bleiben im Distanzunterricht. Daher stellt sich die Frage, ob sich künftig alle Kinder vor dem Schulbesuch testen müssen, unabhängig von der Inzidenz. Am Dienstag lagen 25 der 96 Regionen Bayerns unter 100. Die Staatsregierung ordnete diese Selbsttests in der Schule an, um valide Ergebnisse zu haben. Dagegen wehren sich Lehrerverbände vehement. Sie fürchten um ihre Gesundheit, wenn Schüler während des Testens die Masken abnehmen. Dazu kritisieren Lehrer, dass Schüler nicht nur Aufsicht, sondern Hilfe brauchen. Eltern fürchten ein mögliches Stigma positiver Ergebnisse.

Wer sich aber an Schulen umhört, die längst intensiv mit Schnelltests arbeiten oder an Gurgel-Pool-Studien teilnehmen, wundert sich: kein Problem, sagen diese Schulleiter. Stigma entstehe mit pädagogischen Konzepten nicht, intensive Kommunikation entkräfte Sorgen von Lehrern, Eltern sowie Schülern, und die Jugendlichen seien in der Lage, sich selbst zu testen.

Die Verbände bleiben dabei: keine Tests in der Schule. Jürgen Böhm, Chef des Realschullehrerverbands, forderte am Dienstag, die Ferien eine Woche zu verlängern - als Ausgleich für die gestrichenen Faschingsferien und um ein Testkonzept außerhalb der Schule zu entwickeln. Philologenchef Michael Schwägerl hält eine Woche reinen Distanzunterricht für sinnvoller. Noch lieber wäre ihm ein "harter Lockdown", statt des "Rumzwiebelns" wie schon im Herbst. Testpflicht für alle fordert auch Landesschülersprecher Moritz Meusel und einen Fokus auf die Abschlussklassen. Außer ihnen sollten nur die Unterstufen zurückkehren, denn Wechselbetrieb schade der Unterrichtsqualität, weil viele Schulen nicht dafür ausgestattet seien. Zudem fehle weiterhin Hilfe bei psychischen Problemen und Lernrückständen.

Entsprechende Konzepte fordert auch Simone Strohmayr, Fraktionsvizin der Landtags-SPD. Ihrer Anfrage ans Kultusministerium zufolge versechsfachte sich die Zahl der Schüler, die im laufenden Schuljahr an Realschulen und Gymnasien nur auf Probe versetzt wurden. Für Strohmayr ist dies Beleg dafür, dass die Leistungen der Schüler in Corona-Zeiten leiden. Experten gehen davon aus, dass Wissenslücken kaum parallel zum Schulbetrieb geschlossen werden können. Wie Piazolos Förderangebot genau aussieht, teilte das Ministerium nicht mit. Ein "umfangreiches Unterstützungsprogramm" sei geplant, hieß es. Die Verlängerung der Ferien sei nicht vorgesehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: