Schuldenabbau in Bayern:Rechnen an allen Fronten

Hausherr Markus Söder lässt alle Beamten im Finanzministerium rechnen, und das auf Hochdruck. Seit der Ankündigung, den Freistaat bis zum Jahr 2030 zu entschulden, ist klar, dass das Thema zu einem Wahlkampfschlager für Seehofers Schicksalswahl werden wird. Die SZ zieht eine Zwischenbilanz.

Frank Müller

Das bayerische Finanzministerium am Münchner Odeonsplatz ist ein ehrwürdiger, Ruhe verströmender Bau. Doch könnte man sich mit Bewegungsmeldern und Wärmebildkameras von außen einen Eindruck vom Geschehen im Inneren verschaffen, dann wäre dies in etwa das Bild eines Bienenstocks. Hausherr Markus Söder lässt alle Mann an allen Fronten rechnen, und das auf Hochdruck.

Auf mehreren Baustellen muss Söder ungewöhnlich schnell belastbare Zahlen präsentieren, die auch für Regierungschef Horst Seehofer höchste Bedeutung haben. Denn spätestens seit seiner Ankündigung, den Freistaat bis zum Jahr 2030 zu entschulden, ist klar, dass das Thema zu einem der großen Wahlkampfschlager für Seehofers Schicksalswahl im Jahr 2013 werden wird. Die SZ zieht Zwischenbilanz:

Die Schuldentilgung

Seehofers großer Plan hat in Bayern die Gefechtslage verändert. Die Opposition reibt sich an der Ankündigung, alle staatlichen Schulden innerhalb von 18 Jahren zurückzuzahlen, und nennt sie unseriös. In der CSU dagegen hat das Thema selbst Seehofer-Kritiker mobilisiert, weil es etwas enthält, was dem Ministerpräsidenten bisher fehlte: eine Vision. Seitdem er den Vorschlag im Januar präsentierte, hängt der Stoff zur Detailbearbeitung bei Söder. Bis zum Sommer, so Seehofers Auftrag, sollte der Finanzminister einen Tilgungsplan entwickeln. Nun sieht es sogar, wie häufiger bei Söder, nach höherem Tempo aus. An diesem Dienstag will Söder bereits Details vorlegen.

Einige Eckpunkte zeichnen sich ab: Gut 22 Milliarden Euro sind bis 2030 zu tilgen. Weitere 10 Milliarden, mit denen der Freistaat die marode Landesbank stützt, soll die BayernLB selbst zurückzahlen (siehe Punkt 2). Vergangene Woche saß Söder mit Finanzexperten der schwarz-gelben Koalition zusammen. Das brachte noch keinen Durchbruch, aber erste Modelle. Die Rückzahlung einer Milliarde im laufenden Jahr hat Söder bereits angekündigt, im Doppelhaushalt 2013/2014 dürfte mindestens eine weitere Tilgungsmilliarde abgerungen werden.

Daneben ist von weiteren Bausteinen die Rede, die FDP-Haushälter Karsten Klein so zusammenfasst: Die aktuell im Haushalt stehende jährliche Milliarde Euro, die der Staat zur Zeit für Zinsen aufwenden muss, solle auf Dauer für den Schuldendienst festgeschrieben werden, und, wenn die Zinsbelastung über die Jahre sinkt, auch einen von Jahr zu Jahr steigenden Tilgungsanteil enthalten - nach dem Modell eines gewöhnlichen Immobilienkredits. Das soll etwa zwölf bis 15 Milliarden der 22 Milliarden Euro Gesamtschulden erbringen.

Der Rest käme laut Klein durch Sondertilgungen von etwa einer halben Milliarde Euro pro Jahr, abhängig von der Konjunktur. Die Opposition hält all das für "Trickserei", wie SPD-Finanzsprecher Volkmar Halbleib sagt.

Ein Desaster und zwei Fronten

Die Landesbank

Das Desaster der vormals halbstaatlichen Bank hatte Seehofer zu Beginn seiner Regierungszeit kalt erwischt. Erst musste die BayernLB mit zehn Milliarden Euro vom Staat vor der Pleite gerettet werden, dann leitete die EU genau deswegen auch noch ein Wettbewerbsverfahren ein und forderte Korrekturen. Vor allem die Sparkassen, die als Mitbesitzer bei der Krise geschont wurden, sollen sich stärker engagieren. Die Verhandlungen mit ihnen sind laut Söder auf der Zielgeraden, gefeilscht wird aber noch im Detail.

Die grobe Linie dabei: Die Sparkassen werden der BayernLB ihre Landesbausparkasse abkaufen für etwa eine Milliarde Euro und 800 Millionen Euro an Eigenkapital einbringen. In dieser Höhe halten die Sparkassen bislang stille Einlagen. Söder versprach kürzlich eine Einigung bis Ende März.

Die Lasten der Beamten

Eigentlich hatte es eine vorbildlich nachhaltige Form der Vorsorge sein sollen, doch seit Jahren hat der Freistaat Probleme mit den Altersbezügen seiner Beamten. Für die muss die Regierung Vorsorge treffen, weil das Geld nicht aus Rentenversicherungen, sondern aus dem Haushalt fließt. Doch zwei Pensionstöpfe, in die schon 1,3 Milliarden einbezahlt wurden, lagen zuletzt brach - weil die Regierung das Geld anderweitig verplante.

Nun einigte sich die Koalition auf einen Neustart: Jährlich 100 Millionen Euro will Schwarz-Gelb künftig ansparen, und das bis 2030. Dann sei weiteres Ansparen unnötig, weil ein schuldenfreies Bayern über genügend liquide Mittel verfüge, glauben Söder und die Haushaltsexperten im Landtag, Georg Winter (CSU) und FDP-Mann Klein. Allerdings: Die Summe bleibt deutlich unter den bisher vereinbarten Zahlungen.

Doppelter Finanzausgleich

Gleich zwei Fronten suchte Söder beim Kampf um Ausgleichszahlungen: Er will gegen den Länderfinanzausgleich klagen, bei dem Bayern mit 3,7 Milliarden Euro größter Nettozahler für die ärmeren Bundesländer ist. Im Finanzministerium hofft man, aus dieser Summe eine Milliarde freizuschlagen, um diese zur Schuldenrückzahlung zu verwenden.

Das neueste Fass, das Söder jetzt aufmachte, ist der innerbayerische kommunale Finanzausgleich. Er regelt, wie staatliches Geld an die Kommunen verteilt wird. Söder will die Zahlungen für München verringern und damit schwächere Regionen fördern. Das sei "gerecht", meint er, doch nicht nur die Opposition schüttelt den Kopf. FDP-Finanzexperte Klein: "Ich halte rein gar nichts von einer Lex München."

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