Aus der Landespolitik:Punkt für Kerstin Schreyer

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Die abgesetzte Bauministerin erkämpft sich den Vorsitz im Wirtschaftsausschuss. Angeblich sehr zum Missfallen des Ministerpräsidenten. Da werden Erinnerungen an früher wach.

Von Andreas Glas, München

Die große Bühne der Landespolitik ist der Plenarsaal. Doch die eigentliche parlamentarische Arbeit wird in Ausschüssen gemacht, kleine Bühne, schmucklose Konferenzräume. Die Ausschüsse sind Machtzirkel, für die sich die Öffentlichkeit wenig interessiert, die politische Blase dafür umso mehr. Man konnte das gerade wieder spüren im Landtag, wo alle über den Machtkampf in der CSU tratschten, der sich um den Vorsitz des parteiinternen Arbeitskreises Wirtschaft entsponnen hatte - und damit faktisch um den Vorsitz im Wirtschaftsausschuss, auf den die CSU den Zugriff hat. Für Gesprächsstoff sorgte die Kandidatur einer Frau, die gerade erst entmachtet worden war: Kerstin Schreyer.

Drei Wochen ist es jetzt her, dass Ministerpräsident Markus Söder sie als Bauministerin abgesägt hat. "Viele verstehen die Entscheidung nicht", sagte Schreyer hinterher. In der CSU empfanden das einige als Nachtreten und deuteten ihre Kandidatur für den Ausschussvorsitz als Racheakt, um Söder zu demonstrieren, dass sie immer noch Macht hat in der CSU - und diese Macht gegen ihn einsetzen könnte. Wie lästig abgesägte Kabinettsmitglieder für Ministerpräsidenten sein können, kann man an Franz Pschierer sehen, den Söder im Herbst 2018 als Wirtschaftsminister entließ. Seither ist Pschierer eine kolossale Nervensäge für Söder, den er für seine Corona-Politik, überhaupt für dessen Kurs ("verstehe, wer will - ich nicht") kritisiert hat. Neulich mokierte sich Pschierer über CSU-Ministerin Michaela Kaniber, in dem er einen angeblich stinkwütenden Bauern so auf Facebook zitierte: "Kein Wunder, wenn man in Bayern eine Steuerfachangestellte zur Landwirtschaftsministerin macht!"

In der Causa Schreyer ist aus der CSU zu hören, dass Söder-Vertraute fleißig für Schreyers Gegenkandidaten Steffen Vogel geworben hätten. In Söders Umfeld wird bestritten, dass sich der Ministerpräsident eingemischt habe. Manche sehen gar Parallelen zum Machtkampf im Herbst 2013, als der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer versuchte, seinen Lieblingsparteifeind Erwin Huber an der Spitze des Wirtschaftsausschusses zu verhindern. Es hieß, Seehofer habe eine "Beerdigung erster Klasse" für Huber geplant - doch Huber gewann die Kampfabstimmung in der Fraktion. Das ist am Mittwoch auch Kerstin Schreyer gelungen. Sie hat sich klar gegen Steffen Vogel durchgesetzt.

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