Schreiber-Prozess:873.000 Mark passen in einen Kulturbeutel

"Er schmiss das Geld auf den Tisch und sagte: Halt die Schnauze" - Ex-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls über Ex-Waffenlobbyist Schreiber.

Hans Holzhaider, Augsburg

Die beiden Herren kennen sich sehr gut, und sie haben sich lange nicht gesehen, aber sie lassen keinerlei Anzeichen erkennen, dass ihnen das Wiedersehen Freude bereitet. Ludwig-Holger Pfahls, 67, schaut zwar interessiert zur Anklagebank, als Karlheinz Schreiber den Gerichtssaal betritt, aber dieser würdigt seinen früheren Duzfreund nur eines sehr kurzen Blickes, und Pfahls beschränkt seine Begrüßung daraufhin auf ein kaum merkliches Kopfnicken. Es herrscht sichtlich keine Freundschaft mehr zwischen den beiden.

Schreiber-Prozess: Der ehemalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls sagte im Landgericht Augsburg aus.

Der ehemalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls sagte im Landgericht Augsburg aus.

(Foto: Foto: ddp)

Schreiber bestreitet die Zahlungen

Kein Wunder - die Bekanntschaft mit Karlheinz Schreiber hat das Leben des Ludwig-Holger Pfahls nachhaltig aus der Bahn geworfen. Fünf Jahre lang war er auf der Flucht, "unter erbärmlichen Verhältnissen", wie er im Laufe seiner Vernehmung bitter anmerkt, dann musste er lange in Untersuchungshaft sitzen und wurde schließlich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, weil er während seiner Amtszeit als Staatssekretär im Bonner Verteidigungsministerium von Schreiber 3,8 Millionen Mark für gute Dienste bei verschiedenen Rüstungsgeschäften angenommen hat.

Angenommen haben soll, müsste man im Sinne der Unschuldsvermutung wohl sagen, denn Karlheinz Schreiber hat bisher bestritten, Zahlungen an Pfahls geleistet zu haben.

Pfahls leitet seine Zeugenaussage mit weitschweifigen Erklärungen über die Verhältnisse im Bonner Verteidigungsministerium während seiner Amtszeit als Staatssekretär ein und muss vom Vorsitzenden Richter Rudolf Weigell mehrmals gebeten werden, zur Sache zu kommen.

Die Sache war die: Schreiber habe ihm im Februar 1990 zwei Millionen Mark versprochen, wenn es zur Lieferung von Fuchs-Spürpanzern an die US-Armee komme. Im Sommer 1991 habe Schreiber ihn angerufen und im gratuliert: Er sei jetzt doppelter Millionär.

Eine weitere Million sei im Zusammenhang mit der Lieferung von Fuchspanzern nach Saudi-Arabien geflossen. Weil er selbst nur über ein Konto bei der Sparkasse in Tegernsee verfüge, habe Schreiber sich erboten, das Geld für ihn auf einem Schweizer Konto zu verwahren. Er selbst habe weder die Bank noch eine Kontonummer gekannt. Von diesen drei Millionen habe Schreiber ihm drei Barzahlungen von insgesamt 873.000 Mark geleistet, die letzte über 500.000 Mark im April 1992: "Er schmiss das Geld auf den Tisch und sagte: 'So, und jetzt halt die Schnauze'."

"Ich weiß, was ich bekommen habe"

Richter Weigell hält Pfahls die Aussage Schreibers vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags vor. "Pfahls wurde nicht bestochen", hatte Schreiber dort erklärt. Die drei von Pfahls genannten Zahlungen seien Teil einer Zwei-Millionen-Spende an die CSU gewesen. "Ich weiß, was ich bekommen habe", erwidert Pfahls. Auf Fragen von Schreibers Verteidiger Jens Bosbach schildert er, wie er das Geld zuerst in seinem Tegernseer Haus versteckt und dann während seiner Flucht immer bei sich getragen habe. "873.000 Mark sind nicht so viel", sagt er, "das passt in ein Reise-Necessaire".

Die wiederholten Versuche des Vorsitzenden Richters, Schreiber selbst zu einer Stellungnahme zu bewegen, bleiben erfolglos. "Haben Sie vor dem Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt?", bedrängt er den Angeklagten. Wenn es etwas richtigzustellen gebe, "dann hier und heute. Konkreter geht es doch nicht". Verteidiger Jens Bosbach sagt, was er schon gefühlte hundertmal in diesem Prozess gesagt hat: "Wir geben dazu derzeit keine Erklärungen ab." Nur soviel: "Ich persönlich glaube dem Zeugen kein Wort."

Im Video: Im Steuerprozess gegen den Rüstungslobbyisten Schreiber haben am Montag der ehemalige Thyssen-Manager Haastert und der frühere CSU-Politiker Pfahls vor dem Augsburger Landgericht ausgesagt.

Weitere Videos finden Sie hier

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: