Schottdorf-Affäre:Landtag kämpft um sein Kontrollrecht

Labor Schottdorf in Augsburg, 2014

Das Labor Schottdorf in Augsburg.

(Foto: Stefan Puchner)

Laborunternehmer Schottdorf will einen Untersuchungsausschuss gerichtlich verhindern und löst damit heftige Reaktionen aus. Strittige Fragen müssen erst einmal ausgeklammert werden - ein erster Erfolg für Anwalt Gauweiler.

Von Stefan Mayr, Frank Müller, Mike Szymanski

Kurz vor der Sommerpause geht es für den Landtag unerwartet heftig noch einmal ans Eingemachte: Der Versuch des Augsburger Laborunternehmers Bernd Schottdorf, einen mit seinem Fall befassten Untersuchungsausschuss zu blockieren, löste am Dienstag erhebliche Turbulenzen aus. Nun sei "der gesamte Landtag in der Pflicht, seine Rechte als Kontrollorgan zu sichern", forderte der SPD-Rechtspolitiker Franz Schindler.

Wenn sich Schottdorf durchsetze, werde der Landtag in seinem ureigenen parlamentarischen Recht, dem der Kontrolle der Exekutive, auf nicht hinnehmbare Weise beschnitten, mahnten Schindler und seine Oppositionskollegen Florian Streibl (Freie Wähler) und Sepp Dürr (Grüne).

Zwar wollen sich alle Fraktionen nun an die Bitte von Verfassungsgerichtshof-Präsident Karl Huber halten, die kritisierten Fragen zunächst auszuklammern, wenn sich der Ausschuss an diesem Mittwoch konstituiert. Einer solchen Bitte eines Verfassungsorgans nachzukommen, sei "selbstverständlich", sagte Schindler. Arbeit für den Ausschuss gebe es vorerst auch so genug: "Ich glaube nicht, dass wir Däumchen drehen." Doch der Fall sorgt auch in der CSU für Aufregung - nicht zuletzt deswegen, weil ihr stellvertretender Parteichef Peter Gauweiler Schottdorf vertritt.

Ihn und drei weitere Rechtsvertreter bot Schottdorf auf, um mit einem 37-seitigen Schriftsatz vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof den in seiner Sache geplanten Untersuchungsausschuss in weiten Teilen handlungsunfähig zu machen. Zahlreiche Fragen sollen gestrichen werden, weil sie Schottdorfs Grundrechte verletzten, argumentieren sie. Der Ausschuss soll klären, ob bayerische Behörden eine schützende Hand über betrügerische Ärzte hielten.

"Rechtsstaatlich unerträglich"

Der massivste Vorwurf der Schottdorf-Verteidiger lautet: Der Ausschuss verletze den Grundsatz der Gewaltenteilung, weil das Parlament einen "willkürlichen" Eingriff "in die Kompetenzen der Exekutive und Judikative" vornehme. Damit maße sich der Landtag "die Stellung einer außerordentlichen Ober-Revisions-Instanz an".

Die Politiker würden rechtskräftige Gerichtsurteile "missachten" sowie das laufende Strafverfahren gegen Schottdorf "an sich ziehen und gefährden". Das Landgericht Augsburg hat im März eine Klage gegen Schottdorf wegen Verdachts auf Betrug in 124 Fällen zugelassen, nach Angaben des Gerichts wird der Prozess aber erst im Jahr 2015 beginnen.

"Die Antragsteller schrecken nicht davor zurück, dieses schwebende Strafverfahren zum Gegenstand eines Untersuchungsausschusses zu machen", kritisieren die Anwälte, "offenbar aus Sorge, es werde wie andere Verfahren zu Gunsten Schottdorfs" ausgehen. "Es wäre rechtsstaatlich unerträglich, falls sich ein Angeklagter gegen solche Übergriffe nicht wehren könnte", schreiben sie.

Gutachten von renommierten Jura-Professoren

Schottdorf ließ sogar zwei Gutachten von renommierten Jura-Professoren erstellen. Bernd Schünemann, emeritierter Ordinarius für Straf- und Prozessrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München und Ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, bestätigt, dass Ausschuss-Thema und Prozessgegenstand "in großem Umfange schlechthin identisch" seien. Die Anwälte werfen dem Landtag vor, das Gericht "kontrollieren" zu wollen und sogar eine "Drohkulisse" gegenüber der Augsburger Strafkammer aufzubauen.

Doch das hält die Opposition, auf die der geplante Ausschuss zurückgeht, für "an den Haaren herbeigezogen" und "ziemlich absurd", wie Dürr sagte. "Dass wir so einen Unsinn ernst nehmen, diesen Eindruck dürfen wir wirklich nicht erwecken." Streibl sagte, Kontrolle sei die wichtigste Aufgabe des Parlaments. "Wir dürfen uns hier jetzt nicht einschüchtern lassen." Schindler sagte, durch den Untersuchungsauftrag werde "nie und nimmer eine in richterlicher Unabhängigkeit getroffene Entscheidung eines Gerichts in Frage gestellt". Schon häufiger hätten Untersuchungsausschüsse im Landtag Themen parallel zu den Gerichten behandelt. In allen Fragen des Ausschusses gehe es, wie vom Gesetz vorgeschrieben, darum, das Handeln der Regierung zu überprüfen.

Dass nun mit dem Münchner CSU-Bundestagabgeordneten Gauweiler gerade ein Parlamentarier zum Gegner wird, sorgte im Landtag für viele Debatten. Schindler und Streibl, die selbst Juristen sind, meinten zwar, das sei durch die freie Anwaltswahl gedeckt. Trotzdem, meinte Schindler, sei die Frage berechtigt: "Warum eigentlich geht der ausgerechnet zu dem - verspricht er sich davon etwas?"

In der CSU will man die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes abwarten. Ministerpräsident Horst Seehofer sagte am Dienstag: "Wenn ein Gericht an das Parlament herantritt und sagt, da sind schwierige Fragen zu prüfen, man sollte das etwas zurückstellen, dann muss man diesen Willen des Gerichts aus meiner Sicht respektieren." Auf ein paar Tage komme es bei der langen Vorgeschichte nicht an, so Seehofer weiter. Seehofer sieht auch kein Problem mit der Rolle Gauweilers: "Ich habe da nichts zu kritisieren. Welche Mandate der Peter Gauweiler annimmt, ist rein seine Entscheidung." Er könne "ja nicht Berufsverbote aussprechen".

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