Süddeutsche Zeitung

Schneizlreuth:Pläne für Wasserkraftwerk stoßen auf Widerstand

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Von Matthias Köpf, Schneizlreuth

Auf ungefähr siebeneinhalb Kilometern schlängelt sich die Saalach zwischen dem Ort Unken im Salzburger Pinzgau und der kleinen Gemeinde Schneizlreuth im Berchtesgadener Land durch ihr Gebirgstal. Von der Einmündung des Steinbachs bis zu der Stelle, wo der Aschauer Bach in die Saalach fließt, bildet sie auf etwa zweieinhalb Kilometern die Grenze zwischen Österreich und Deutschland.

Diese Grenze wäre für die Investoren um den ehemaligen Salzburger Bürgermeister Josef Reschen eines der kleineren Probleme, denn ihre Röhre würde von Unken einfach unter der Grenze durchführen, mitten durchs Gestein. Bei Schneizlreuth soll die Turbine Strom für 13 000 Haushalte erzeugen. Seit Reschen diese Pläne im Unkener Gemeinderat vorgestellt hat, sind Naturschützer, Fischer und Kanusportler in der Region alarmiert.

Die Saalach legt auf ihren knapp 90 Kilometern von den Kitzbühler Alpen bis zur Mündung in die Salzach bei Freilassing etwa 1500 Höhenmeter zurück, ihre Kraft wird auf beiden Seiten der Grenze schon seit Langem für die Stromerzeugung genutzt. Weiter im Oberlauf gibt es ein Kraftwerk nahe St. Martin bei Lofer, unterhalb von Schneizlreuth staut die Sperre bei Kibling den Fluss seit mehr als 100 Jahren zum Saalachsee auf. Die rund 40 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr teilt sich die Deutsche Bahn als Kraftwerksbetreiberin mit der nahen Stadt Bad Reichenhall.

Das Wasser fließt hier über einen 576 Meter langen Druckstollen durch fünf Turbinen und über einen 600 Meter langen Kanal wieder ins Flussbett. Die für das neue Kraftwerk angepeilte Strommenge liegt in einer vergleichbaren Größenordnung, doch im Vergleich zu der Röhre, die nach den Investoren-Plänen nun zwischen Unken und Schneizlreuth entstehen soll, nimmt sich der Kiblinger Druckstollen fast bescheiden aus.

Diese Röhre soll von einem neuen Wehr bei Unken in den Achberg führen und das Wasser aus dem Fluss auf 6,3 Kilometern Länge durch das massive Gestein leiten. Bis Schneizlreuth soll so eine nutzbare Fallhöhe von 32 Metern entstehen. Die Idee gebe es schon seit Jahren, und noch seien die Planungen nicht abgeschlossen, sagte Josef Reschen als Teilhaber und Gesicht der "Projektgesellschaft Wasserkraft Schneizlreuth" laut einem Bericht der Salzburger Nachrichten jüngst im Gemeinderat in Unken.

Naturschützer sorgen sich

Mit im Saal waren zahlreiche Fischer und Naturschützer sowie Outdoor-Veranstalter und Wassersportler wie Kanuten und Rafter, die allesamt um ihr Revier und um den Lebensraum inzwischen bedrohter Fischarten wie der Äsche bangen. Denn der Flussabschnitt zwischen Lofer, Unken und Schneizlreuth bis zum Saalachsee gilt noch als vergleichsweise naturnah und intakt - auch weil in den Fünfziger- und Sechzigerjahren einhelliger Bürgerprotest ein großes Kraftwerk bei Lofer verhindert hat.

Aktuell hat Salzburgs stellvertretende Regierungschefin Astrid Rössler von den Grünen bereits an das Verschlechterungsverbot für den Gewässerzustand aus der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie erinnert. Doch die Bestimmungen dieser Richtlinie werden nach Ansicht von Fachleuten auch in Bayern kaum je eingehalten. Die Investoren versichern aber, dass sie nicht mehr Wasser in ihre Röhre ausleiten wollen, als es verträglich sei. Selbst wenn bei einem mittleren Niedrigstand naturgemäß die Wassermenge sinke, so solle doch die Wasserfläche im Flussbett kaum kleiner werden als bei normalem Pegel.

Auf der bayerischen Seite ist das Wasserwirtschaftsamt Traunstein für die fachliche Einschätzung des grenzüberschreitenden Projekts zuständig und dabei auch an das Verschlechterungsverbot gebunden. Behördenleiter Walter Raith zeigt sich bisher zurückhaltend, kann aber gewisse Zweifel kaum verbergen. Andere werden deutlicher, etwa die Saalach-Allianz, zu der sich mehr als ein Dutzend Naturschutz- und Fischereiverbände aus beiden Ländern schon vor längerer Zeit zusammengeschlossen haben. Aus ihren Reihen wird die Befürchtung laut, dass von der Saalach unterhalb von Unken nur noch ein Rinnsal bliebe. Selbst wenn die Wasserfläche wirklich zu 80 Prozent erhalten bliebe, so würde es doch an Tiefe mangeln.

Die Wirtschaftlichkeit ist schwer einzuschätzen

Eine große Hoffnung unter Fischern, Kanuten und Naturschützern liegt in der Wirtschaftlichkeit des Projekts. Der Bau des mehr als sechs Kilometer langen Stollens wäre mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden. Wann das Kraftwerk eine solche Investition wieder einspielen könnte, ist offen und angesichts der Preisbewegungen auf dem Strommarkt nur sehr schwer abzusehen. Frühere Gedankenspiele für ein solches Kraftwerk waren aus wirtschaftlichen Gründen wieder in der Schublade verschwunden. Allerdings lässt die Wende hin zu erneuerbaren Energien wie der Wasserkraft die Zuversicht der Investoren wieder wachsen.

Zugleich ist schon jetzt klar, dass sie bei diesem Projekt mit großem Widerstand rechnen müssen - in Österreich zusätzlich aus dem Grund, dass das Kraftwerk und damit die Wertschöpfung auf bayerischem Boden läge. In Schneizlreuth ist das Vorhaben noch nicht öffentlich erörtert worden. Eine Präsentation im Gemeinderat ist geplant, eine Termin dafür gibt es noch nicht.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2018
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