Süddeutsche Zeitung

Schneewittchen:Voll der Horror

Lohrs neueste Attraktion

Wenn man ehrlich ist, war es der Gymnasiast Valentin Lude, der die Stadt Lohr am Main aus dem Niemandsland erweckt hat. Lohr, das stand für Spessarteichen, Spessartbier, Spessarträuber und Dornröschenschlaf. Dass die Kommune irgendwann "Schneewittchenstadt" auf Autobahnschilder drucken ließ, nahm außer den Lohrern selbst so ziemlich keiner zur Kenntnis. Und dass man einen Kunstwettbewerb ausschrieb und ein Künstler großes Geschrei auslöste, weil sein Werk nicht aussah wie das Schneewittchen aus dem Volkshochschulmalkurs, hätte auch keinen gejuckt. Es gibt wenig Langweiligeres als Ist-das-Kunst-oder-kann-das-weg-Debatten aus der Kleinstadt. Dann aber kam Lude, sprayte seine satirische Version vom Schneewittchen-Kunstwerk in die Unterführung am Lohrer Friedhof und schuf mit seinem Horrorwittchen die eigentliche Ikone der Stadt. Neuerdings kann man diese in Lohr auch als, nun ja, Skulptur bewundern, als Ensemble aus mannshoher Märchenfigur mit Messer und sieben flüchtenden Zwergen. Praktisch ist diese Kunst auch: Das Horrorwittchen und die Fluchtzwerge dienen als sechs Meter langer Feinblech-Zaun.

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SZ vom 24.12.2016 / prz
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