Süddeutsche Zeitung

Schneechaos in ganz Bayern:350 Menschen sitzen bei Berchtesgaden fest

  • Neben dem kleinen Ort Jachenau ist nun auch ein Ortsteil von Berchtesgaden eingeschneit. In der Nähe verschüttete zudem eine Lawine eine Straße.
  • In München hat der öffentliche Nahverkehr Probleme mit dem Schnee.
  • Auch auf den Autobahnen rund um die Landeshauptstadt staut es sich.
  • Zur Gefahr werden vor allem in den Bayerischen Alpen die Bäume, die der Last des nassen Schnees nicht mehr gewachsen sind.
  • Bei einem Schulbusunfall auf schneeglatter Straße wurden im Landkreis Ansbach zwölf Kinder leicht verletzt. Viele Schulen in Bayern bleiben geschlossen.

Schnee, Schnee - und noch mehr Schnee. In Südbayern sorgt der Winter seit Tagen für heftige Einschränkungen. Bei Berchtesgaden sitzen rund 350 Menschen fest und müssen per Lastwagen mit Lebensmitteln versorgt werden. Die einzige Straße zum Ortsteil Buchenhöhe in der Nähe des Obersalzbergs sei bis auf Weiteres gesperrt, sagte ein Sprecher des Landratsamtes Berchtesgadener Land.

Am Vormittag sei damit begonnen worden, die Strecke zu räumen. Mehrere Bäume drohten unter der schweren Schneelast umzustürzen und sollten gefällt werden. Nur Einsatzkräfte konnten die eingeschneiten Bewohner über die Straße erreichen. Wegen des starken Schneefalls übernimmt die Bundeswehr Versorgungsfahrten

In Buchenhöhe gibt es ein Asthma-Zentrum für Jugendliche. Da die Mitarbeiter der Reha-Einrichtung wegen des starken Schneefalls nicht mehr von und zu ihrem Arbeitsplatz kommen konnten, sei die Bundeswehr um Unterstützung gebeten worden, sagte der Geschäftsleiter der Marktgemeinde, Anton Kurz.

Im wenige Kilometer entfernten Marktschellenberg ging eine Lawine ab und verschüttete teilweise eine Straße. Rettungskräfte suchten nach möglichen Verschütteten, wie die Polizei mitteilte.Zunächst war unklar, ob Fahrzeuge oder Menschen von dem Abgang betroffen waren.

Auch die Menschen in der Gemeinde Jachenau im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind auf Lebensmittellieferungen angewiesen, weil die Zufahrtsstraße gesperrt ist. Bewohner und Rettungskräfte können das Dorf aber über eine kleine Forststraße erreichen.

Auch in München gibt es durch das Schneetreiben Probleme bei Bussen, Bahnen und dem Autoverkehr. Autofahrer mussten am Morgen auf der Autobahn 9 im Norden Münchens mehr als 20 Kilometer im Stau stehen. Nach Angaben des ADAC lag der Zeitverlust im Berufsverkehr bei fast einer Stunde. Die Fahrzeuge stauten sich von Pfaffenhofen an der Ilm bis zum Autobahnkreuz München-Nord in Fahrtrichtung München.

Auf der Autobahn 8 sah es nicht besser aus: Wegen eines querstehenden Transporters musste die Strecke Richtung München zwischen Friedberg und Dasing voll gesperrt werden, sagte ein Polizeisprecher. Der Transporter habe zwei Autos auf einem Anhänger geladen und stehe quer über alle Fahrspuren. Wie lange die Vollsperrung andauern wird, war zunächst unklar. Nach Angaben des Sprechers ist die Bergung des Transporters wegen der vereisten Fahrbahn schwierig.

Im morgendlichen Berufsverkehr kam es auch beim städtischen Busverkehr in München zu Behinderungen. Bei allen Linien sei mit Verspätungen und vereinzelten Ausfällen zu rechnen, erklärte die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Fahrgäste müssten längere Fahrzeiten einplanen. Bei der Münchner S-Bahn sorgt das Wetter ebenfalls für Probleme. Aufgrund von mehreren witterungsbedingten Störungen kommt es im Gesamtnetz zu Beeinträchtigungen und Teilausfällen, wie die Deutsche Bahn mitteilt. Auch hier kann es zu Verzögerungen kommen.

Der Zugverkehr zum Münchner Flughafen war am frühen Morgen sogar komplett lahmgelegt: Betroffen von den technischen Störungen waren die S-Bahnen der Linien 1 und 8. Nach Angaben eines Bahnsprechers waren der Betrieb eines Stellwerks und eines Bahnübergangs gestört. Die Fahrgäste mussten zeitweise auf Taxis umsteigen. Die Störung trat demnach kurz vor 5 Uhr auf und war gegen 6:45 Uhr wieder behoben.

Auch bei der Müllentsorgung kommt es in München zu Unregelmäßigkeiten. Bedingt durch die schlechten Wetter- und Straßenverhältnisse können die Tonnen derzeit nicht planmäßig geleert werden, teilt der Abfallwirtschaftsbetrieb mit. Die Münchner werden gebeten, die Zugänge zu räumen und zu streuen.

Straßen nach Deggendorf sind nicht befahrbar

Inzwischen ist der Schnee auch in Niederbayern und Oberfranken angekommen. Dort führte starker Schneefall am Mittwochmorgen zu mehreren Unfällen. In der Region Hof und im Fichtelgebirge kamen einem Polizeisprecher zufolge zahlreiche Autos und Lastwagen von den Straßen ab. Mindestens ein Mensch wurde dabei verletzt.

In Niederbayern sollen die Menschen nach Möglichkeit auf Autofahrten nach Deggendorf verzichten. Wie die Behörden mitteilten, brachen in der Region mehrere Bäume unter der Schneelast. Zahlreiche Straßen wurden für den Verkehr gesperrt. Die Hauptzufahrtsstraßen aus den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau nach Deggendorf seien deswegen teilweise nicht zu befahren, erklärten das Landratsamt und die Polizei. Die Behörden rechneten nicht damit, dass sich die Lage schnell beruhigen werde.

In Südbayern ist die Lage in mancher Region inzwischen dramatisch. Im oberbayerischen Landkreis Miesbach besteht weiterhin Katastrophenalarm. Das Forstministerium warnte indes im Allgemeinen vor Bäumen, die unter der Last des oftmals nassen Schnees jederzeit umkippen oder abbrechen können. Vor allem im Süden und Südosten Bayerns solle man sich möglichst nicht im Wald aufhalten und unter Bäumen generell vorsichtig sein, hieß es. In den kommenden Tagen steige das Risiko noch einmal gravierend, dass selbst gesunde Bäume die Last nicht mehr tragen könnten. Mit einer Entspannung sei erst zu rechnen, wenn der Schnee von den Ästen abgetaut sei. In den Bergen gilt die zweithöchste Lawinenwarnstufe. Skifahrer könnten der Lawinenwarnzentrale in München zufolge an nicht präparierten Hängen sehr leicht Schneebretter auslösen.

Die Weihnachtsferien gehen in die Verlängerung

Wegen des starken Windes, Schneefalls und umgestürzter Bäume wurde am Dienstagabend der Betrieb der niederbayerischen Waldbahn gestoppt. Zuvor seien zwei Züge zwischen Zwiesel und Grafenau sowie zwischen Zwiesel und Bayerisch Eisenstein gegen umgestürzte Bäume gefahren, teilte die Länderbahn mit. Die Triebwagen seien dabei beschädigt worden, verletzt wurde niemand. Daraufhin sei aus Sicherheitsgründen der Verkehr auf allen Waldbahn-Strecken sofort eingestellt worden. Der Betreiber kündigte an, wenn möglich einen Ersatzverkehr mit Bussen einzurichten. Am Mittwochmorgen sollten dann Erkundungsfahrten gemacht werden. Fahrgäste wurden gebeten, sich auf der Website zu informieren.

In Bad Wörishofen sperrte die Stadt vorübergehend die Eissporthalle wegen Einsturzgefahr. Durch den Schnee auf dem Dach der Halle sei die zugelassene Dachlast deutlich überschritten, berichtete die Stadt im Allgäu. Wegen des starken Windes sei eine Räumung des Daches vorläufig nicht möglich.

Bei einem Schulbusunfall auf schneeglatter Straße sind in Herrieden (Landkreis Ansbach) zwölf Kinder leicht verletzt worden. Der Bus mit 70 Schülern zwischen 10 und 15 Jahren geriet am Mittwochmorgen in einer Kurve auf die Gegenfahrbahn und streifte einen entgegenkommenden Bus, in dem keine Passagiere saßen. Der Schulbus kam anschließend von der Straße ab und prallte gegen zwei Bäume. Nach Angaben der Polizei erlitten viele Insassen Prellungen und kleinere Schnittverletzungen. Gegen den 24-jährigen Busfahrer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung eingeleitet. Es entstand ein Schaden von rund 100 000 Euro.

Zahlreiche Schulen in Südbayern bleiben wegen der starken Schneefälle geschlossen. In den oberbayerischen Landkreisen Starnberg, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen sollen die Kinder und Jugendlichen an diesem Donnerstag zuhause bleiben. Außerdem findet in den Schulen im schwäbischen Memmingen kein Unterricht statt. In einigen Schulen in den Landkreisen Rosenheim, Traunstein, Unterallgäu, Berchtesgadener Land und München fällt der Unterricht ebenfalls aus. In einigen Teilen Südbayerns bleiben die Schulen auch am Freitag geschlossen.

Die Jugendlichen können die gewonnene Freizeit allerdings nur selten für Skivergnügen nutzen: Schon am Dienstag waren zahlreiche Lifte und Pisten im Freistaat gesperrt. Auch dort war die Gefahr, die von dem schweren Schnee auf den Bäumen ausgeht, zu groß.

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