Schloss Neuschwanstein:Das Millionenerbe

"Die Alpen von oben", Arte

Besucherrekord auf Schloss Neuschwanstein: 1,52 Millionen Gäste im Jahr 2013.

(Foto: Vidicom)

Besucherrekord auf Schloss Neuschwanstein: 1,52 Millionen Gäste haben die Touristenattraktion vergangenes Jahr besucht. Mehr sollten es aber bitteschön nicht werden, heißt es bei der Schlösserverwaltung, sonst nähme die Bausubstanz allzu schwere Schäden.

Von Hans Kratzer

Personalquerelen, Strafbefehle, Zerstörung von historischer Bausubstanz: An finsteren Schlagzeilen hat es dem Schloss Neuschwanstein in der jüngsten Vergangenheit nicht gemangelt. Und doch ist dieses seltsame Bauwerk nach wie vor Bayerns wichtigste Immobilie. Will man einen Vergleich bemühen, könnte man sagen, Neuschwanstein sei so etwas wie der FC Bayern unter den deutschen Schlössern und Burgen.

Wie die Münchner Fußballmannschaft eilt die idealisierte Ritterburg König Ludwigs II. von Rekord zu Rekord. Im Jahr 2013 wurden 1,52 Millionen Gäste durch Neuschwanstein geschleust, "ein Allzeitrekord", wie Finanzminister Markus Söder am Montag verkündete. Die Besucherzahl wurde im Vergleich zum Rekordjahr 2012 (1,4 Millionen) noch einmal um 8,4 Prozent gesteigert.

Damit dürfte aber, bei aller Freude über die Attraktivität des Schlosses, endgültig ein Maximum erreicht sein, wie Bernd Schreiber, der Präsident der Schlösserverwaltung, eingestand. Noch mehr Besucher könne das Schloss aus konservatorischen Gründen nicht mehr vertragen. Die Ausdünstungen der Gäste belasten das Raumklima und damit die historische Bausubstanz massiv. "Das Schloss darf nicht kaputtgehen", sagte Schreiber, der aber um den Erhalt nicht fürchtet, "denn wir investieren kräftig in Forschungen zur Konservierung des Bauwerks. Da sind wir dran."

So belastet Neuschwanstein unter dem Ansturm der Besucher auch sein mag, so ertragreich ist es für den Freistaat. Kein Wunder, dass Söder am Montag sichtbar entspannt vor die Presse trat, um die Erfolgszahlen zu verkünden. Die Schlösserverwaltung macht ihm zumindest finanziell wenig Sorgen, zählt sie doch zu den wenigen Behörden in Bayern, deren Betriebskosten sich fast zu hundert Prozent aus den Einnahmen decken. Die Zuwächse auf Neuschwanstein sind laut Schreiber vor allem auf die stark wachsenden Besucherzahlen aus China und Russland zurückzuführen.

Königsschlösser sind die größten Tourismusmagneten

Mit Blick auf die Rekordzahlen erscheint der historische Irrtum der Zeitgenossen Ludwigs II. immer paradoxer. Sie gaben nur wenig auf sein bauliches Erbe. In der Zeitschrift Das Bayerische Vaterland war fünf Tage nach dem Tod König Ludwigs im Juni 1886 zu lesen: "Nur einige unvollendete, schon heute dem Verfall bestimmte Bergschlösser werden, Ruinen geworden, der Nachwelt von einem König erzählen, der sie gebaut hat." Welch eine monströse Fehleinschätzung.

Mittlerweile sind die Königsschlösser die größten Tourismusmagneten in Bayern überhaupt. Nach Linderhof kamen im Vorjahr 426 400 Besucher, nach Herrenchiemsee 377 300. Nur Nymphenburg in München (273 500), die Residenz in Würzburg (355 400) und das Residenzmuseum in München (264 100) können mit diesen Quoten annähernd mithalten. Insgesamt lockten Schlösser, Burgen und andere historische Stätten im Freistaat 4,9 Millionen Besucher an, was Söder die Bemerkung "konstant hohes Niveau" entlockte. In seiner Eigenschaft als Heimatminister bezeichnete er die Schlösser und Burgen als Sinnbild und prägendstes Element der bayerischen Heimat.

Als Finanzminister gedenkt Söder, weiter mit dem Pfund der Kulturschätze zu wuchern. Um die Schlösserverwaltung auf Erfolgskurs zu halten, soll auch 2014 wieder kräftig investiert werden. "41 Millionen Euro sind für Sanierung, Ausbau, Umbau und Unterhalt bayerischer Schlösser und Burgen geplant", kündigte Söder an. Er stellte eine ganze Litanei von musealen Neugestaltungen, Schlösser- und Heimattagen, Sonderausstellungen und Burgfesten vor. Unter anderem kündigte er an, dass in der Residenz München in den nächsten Jahren ein neues Bronzemuseum entstehen soll. Umfangreiche Sanierungsarbeiten betreffen Schloss Nymphenburg anlässlich seines 350. Gründungsjubiläums, dann die Festung Marienberg in Würzburg und Schloss Johannisburg in Aschaffenburg. Geplant ist außerdem ein Jubiläumsfest im Englischen Garten in München, bei dem das 225-jährige Bestehen der Anlage und gleichzeitig der 200. Todestag des Grafen von Rumford gewürdigt werden sollen.

In Planung ist außerdem ein Fest für jenen Mann, dem die bayerische Finanz- und Schlösserverwaltung ihr ertragreiches bauliches Erbe zu verdanken hat. "Ich habe leider hier nichts als Verdrießlichkeiten zu erleben, deshalb will ich mich durch Schaffung solcher Paradiese dafür entschädigen, wo mich kein Erdenleid erreichen soll", schrieb Ludwig II. im Jahr 1869, in dem die Fundamente für die Schlösser Linderhof und Neuschwanstein gelegt wurden. Ihm zu Ehren soll deshalb 2014 ein König-Ludwig-II-Fest in Schloss Linderhof und als wissenschaftliches Aperçu ein Ludwig-II-Symposion abgehalten werden.

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