Dort hinten in der Valepp dürfen die Tage Ende März durchaus noch als Winter gelten. Dass das in den Schlierseer Bergen zwischen dem Spitzingsee und dem Tiroler Inntal gelegene Tal um diese Zeit ohne weiteres mit dem Auto erreichbar ist, das ist jedenfalls keine sichere Sache. Die Straße vom Spitzing ist seit fast 40 Jahren für den privaten Verkehr gesperrt, und die schmale Mautstraße, die vom Tegernsee heraufführt, kann bis weit ins Frühjahr von Lawinen blockiert sein. Der Linienbus fährt die Runde nur von Mai bis Oktober. Eine ganze Reihe von Leuten ist dieser Tage trotzdem hinaufgelangt in die Valepp, um mitzureden über die Zukunft eines bedeutenden Baudenkmals. Das Forsthaus Valepp soll wieder zu dem Berggasthof werden, der es bis 2014 gewesen ist. Unter welchen Bedingungen und ob es künftig auch im Winter offen haben soll, ist allerdings umstritten.
Die Staatsforsten, die das Ensemble für den Freistaat verwalten, haben lange vergeblich nach einem Pächter gesucht, nachdem der Gasthof 2014 geschlossen hatte. Gäste durften dort schon länger nicht mehr übernachten. Weil sich kein Pächter fand für das kurzerhand leergeräumte Denkmal, schrieb der Forstbetrieb Schliersee das Forsthaus als Investmentobjekt im Erbbaurecht aus. Die Aussicht, auf viele Jahrzehnte praktisch Eigentümerrechte am Forsthaus zu erwerben, erschien dann doch attraktiver - unter anderen dem Hotelier Johannes Rabl, der am Tegernsee den Lieberhof und den Leeberghof betreibt und der mit dem ebenfalls in Tegernsee ansässigen FC-Bayern-Torwart Manuel Neuer für das Forsthaus Valepp eine FoHaVa GmbH & Co. KG gegründet hat.
Die Nachricht, dass sich der Gemeinderat in Schliersee mit Rabls Plänen befasst hat, schreckte dann den Bund Naturschutz (BN), den Verein zum Schutz der Bergwelt und den Landesverein für Heimatpflege auf. Sie befürchten, dass aus dem Forsthaus eine exklusive Event-Location werden könnte, wie sie für den Tegernsee längst typisch sind. Ein Baudenkmal von solchem Rang müsse öffentlich bleiben, der Freistaat dürfe es niemals in private Hände geben, sagt der Geschäftsführer des Landesvereins, Rudolf Neumaier. Der BN hatte schon im Sommer gefordert, auf dem größten Teil der Mautstraße nur noch den Linienbus fahren zu lassen, um der Bergwelt wieder mehr Ruhe zu verschaffen. Die drei Vereine haben eine Petition an den Landtag gerichtet und den Plänen von Rabl und Neuer ein eigenes Konzept entgegengestellt.
Ihnen schwebt ebenfalls vor, das Forsthaus wieder als Gasthaus zu eröffnen - aber nicht ganzjährig, sondern weiterhin nur im Sommer und auch nicht mit 28 Zimmern für Übernachtungsgäste, sondern mit einer musealen Nutzung der oberen Etagen, wo Ausflügler etwas über das 1841 errichtete Baudenkmal und seine Geschichte erfahren könnten sowie über die Historie von Forst- und Almwirtschaft und den Naturschutz. Als Träger stünde die Stiftung Kulturerbe Bayern bereit, die zuletzt auch schon das Wirtshaus am Streichen im Chiemgau vor einer unsicheren Zukunft bewahrt hat.
Zuletzt haben die Vereine ihr Konzept beim Ortstermin verteilt, zu dem Landtagspräsidentin Ilse Aigner in ihren Stimmkreis geladen hatte. Rabl hat dabei nach Ansicht des CSU-Abgeordneten Ernst Weidenbusch "ein sehr gutes Konzept vorgelegt", ohne zusätzlichen Individualverkehr und allenfalls mit elektrischen Shuttlebussen. Weniger gut kamen die Staatsforsten weg, die das Denkmal vernachlässigt haben. So berichtet Schliersees Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU), dass zuletzt sogar Wasser durchs Dach drang. Die Schlierseer hatten zu Rabls Bauplänen ein Nutzungskonzept verlangt, mit dem sie laut Schnitzenbaumer inzwischen zufrieden sind. Ein Betrieb im Winter bei unsicherer Zufahrt falle unter unternehmerisches Risiko. Dass das Forsthaus wieder ein Gasthof mit regionaler Karte und kein Event-Lokal für wenige wird, lasse sich durch Vertragsklauseln mit Strafzahlungen sichern.
Während die Vereine befürchten, dass sich die Investition so kaum hereinholen lasse und später doch ein anderes Nutzungskonzept durchgewunken werden müsse, findet Schnitzenbaumer, dass das Forsthaus dann vorzeitig an den Freistaat zurückfallen sollte. Der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, der wie Weidenbusch über die Petition mitentscheiden wird, sieht die Staatsforsten am falschen Weg. Wenn sie nicht in der Lage seien, das Baudenkmal instand zu halten, müsse der Freistaat zusätzliche Mittel dafür bereitstellen. Einen Beratungstermin im Landtag gibt es noch nicht, als nächstes soll der Bauausschuss in Schliersee Rabls Pläne billigen. Dagegen fordert der Landesverein für Heimatpflege, der Stiftung Kulturerbe ebenfalls Zeit für ein detailliertes Konzept zu geben.