Die Bürgerinnen und Bürger der oberbayerischen Gemeinde Schliersee haben sich mit einer Mehrheit von rund 56 Prozent gegen Neubaupläne für ein großes Hotel direkt am innerörtlichen Seeufer ausgesprochen. Bei einem Bürgerentscheid am Sonntag stimmten laut dem vorläufigen Ergebnis aus dem Rathaus 2115 Schlierseer für ein Bürgerbegehren, das einen solchen Neubau im Wesentlichen nur in den Ausmaßen des bisherigen Hotels Schlierseer Hof zulassen will. Nur 1656 hätten sich auch mit einem weitaus größeren Gebäude anfreunden können.
Eine Familie, die den schon damals maroden Schlierseer Hof vor 18 Jahren aus der Insolvenzmasse des Voreigentümers herausgekauft und sich beim Sanieren seither nur auf das Nötigste beschränkt hatte, wollte das alte Hotel und ein benachbartes Gebäude abreißen lassen und beide durch einen weit wuchtigeren Neubau ersetzen. Angesichts von Bedenken im Gemeinderat und von ersten Protesten im Ort hatte sie ihre Pläne, die zunächst sogar 148 Zimmer vorgesehen hatten, in mehreren Schritten auf zuletzt 112 Zimmer abgespeckt. Noch kleiner gehe es wirklich nicht mehr, denn speziell in der Nebensaison oder in Schlechtwetterphasen sei ein kleines Hotel ohne zeitgemäßen Wellness-Bereich und ohne die ebenfalls geplanten Restaurants für Gäste nicht mehr attraktiv und lasse sich damit übers Jahr gerechnet nicht wirtschaftlich betreiben. So lautete die Argumentation der Familie und der Touristiker aus der Region, die sich für das 55 Millionen Euro schwere Projekt eingesetzt haben.
Der Gemeinderat hatte den Plänen, die eine Firsthöhe von 24 Metern und zum Ort hin eine Fassade von immerhin rund 90 Metern Länge vorsehen, schon vor zwei Jahren grundsätzlich zugestimmt. Die meisten Gemeinderäte und auch Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU) erhofften sich zusätzliche und zahlungskräftige Gäste, die sich nicht nur die fürs Erste angepeilten Zimmerpreise von 340 Euro pro Nacht leisten können, sondern auch in den oft leeren Läden im Ort für Umsatz sorgen.
Doch sobald sich die Pläne herumgesprochen hatten, wuchs bei vielen Bürgerinnen und Bürgern die Sorge um das Ortsbild und das Panorama am Seeufer. Schliersee ist bisher von vergleichsweise kleinen Bauten geprägt. Auch das ambitionierte Architekturforum Miesbacher Kreis und der Bayerische Landesverein für Heimatpflege kritisierten das Vorhaben, weil es alle bisherigen Maßstäbe am Schliersee sprenge. Eine Bürgerinitiative hatte für ein Bürgerbegehren mit dem Titel "Schliersees Schönheit bewahren - kein Megahotel am See" binnen kurzer Zeit etwa 1300 Unterschriften gesammelt - ungefähr doppelt so viele, wie nötig waren, um den Bürgerentscheid vom Sonntag herbeizuführen. An dem Tag sind von den gut 5700 Wahlberechtigten keine 300 persönlich zum Abstimmen ins Rathaus gekommen. Stattdessen waren weitaus die meisten Stimmen schon zuvor per Briefwahl eingegangen. Insgesamt haben sich rund zwei Drittel der Stimmberechtigten beteiligt.
Wie es nun auf dem Gelände in bester Seelage weitergehen soll, ist offen. Die Eigentümerfamilie, die nach eigenen Angaben schon 2,7 Millionen Euro allein in die Planung gesteckt hat, äußerte sich am Montag nicht. Der Ball liege aber nun bei ihr, sagte Bürgermeister Schnitzenbaumer. Sein Ziel und das der Gemeinde sei es, dass auf dem Grundstück "weiterhin ein touristischer Betrieb" stattfinde. Schnitzenbauer zeigte sich vom Ergebnis der Abstimmung nicht überrascht. Immerhin gebe es jetzt "eine Entscheidung, die liegt da und mit der muss man arbeiten", um gemeinsam eine gute Lösung zu finden.
Dies betonte auch BI-Sprecher Alexander von Schoeler. "Wir sind sehr zufrieden, sehen aber große Aufgaben vor uns." Denn die Initiative hoffe, "dass dort in einem großen Bürgerdialog etwas Neues entsteht". Das Anliegen der BI sei es nie gewesen, jegliche Veränderung am "heruntergewirtschafteten" Schlierseer Hof zu verhindern. Bei aller Kritik an den Dimensionen des geplanten Neubaus habe man eins stets klar gesagt: "Wir brauchen ein neues Hotel".