Es ist ein großer Auftrieb geworden aus dem Besuch der Stiftung Kulturerbe Bayern am Forsthaus Valepp in den Bergen direkt an der Grenze zu Tirol. Die Vertreter der Stiftung sollen das Baudenkmal in Augenschein nehmen, um zu sehen, ob die Stiftung das 1841 errichtete Forsthaus übernehmen könnte und es in eine neue Zukunft führen als saisonal betriebenes Ausflugsgasthaus, das es bis 2014 gewesen ist. Doch neben etlichen Vertretern der Bayerischen Staatsforsten, denen die sensible Immobilie gehört, sind auch die beiden Bewerber gekommen, an denen sich die derzeitige Diskussion um das Forsthaus entzündet hat.
Der Tegernseer Edelgastronom Johannes Rabl trägt Einstecktuch, einen Trachtenjanker mit Samtrevers und ein gewinnendes Lächeln. Nationaltorhüter Manuel Neuer, der vom Tegernsee mit dem Mountainbike heraufgekommen ist, steht Rabl in neonorangem Trainingsoutfit und kurzen Hosen mit dezentem FC-Bayern-Logo zur Seite. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hat auf dieses große Treffen am Forsthaus gedrungen - um die Leute zusammenzubringen, wie sie sagt. Denn die Debatte über das, was aus dem oberbayerischen Bergidyll werden soll, reicht längst weit über ihren Stimmkreis Miesbach hinaus.
Als nach ersten Beratungen im Schlierseer Gemeinderat Ende vergangenen Jahres bekannt geworden ist, dass Rabl und Neuer das Forsthaus als Investoren in Erbpacht übernehmen wollen, wuchs bei einigen in der Region die Sorge, aus dem beschaulichen und nach jahrelangem Leerstand baulich schwer sanierungsbedürftigen Denkmal könnte eine promigetriebene Eventlocation nach Tegernseer Vorbild werden.
Der Bund Naturschutz, der Verein zum Schutz der Bergwelt und der Landesverein für Heimatpflege haben eine Petition an den Landtag gerichtet, wonach der Freistaat ein hochrangiges Denkmal wie das Forsthaus nicht für die nächsten 99 Jahre Privatleuten überlassen dürfe, die dort ganzjährig Übernachtungsgäste beherbergen wollen und so womöglich noch mehr Verkehr in das sensible Bergtal ziehen. Stattdessen haben die drei Vereine die Stiftung Kulturerbe ins Spiel gebracht, die im vergangenen Jahr schon maßgeblich mitgeholfen hat, den bekannten Berggasthof am Streichen im Chiemgau vor einem unsicheren Schicksal in Investorenhand zu bewahren.
Einige Abgeordnete waren schon Ende März in der Valepp, um sich dort die Pläne von Rabl und Neuer vorstellen zu lassen. Ernst Weidenbusch (CSU) zeigte sich hinterher recht angetan, während etwa Hans Urban (Grüne) einen reinen Sommerbetrieb ohne Übernachtungen bevorzugen und auch die Mautstraße vom Tegernsee in die Valepp lieber ganz für den privaten Autoverkehr sperren würde, so wie es für die schmale Straße vom Spitzingsee her schon seit 40 Jahren der Fall ist. Ein Datum zur Beratung über die Petition gibt es noch nicht, doch das letzte Wort hat der Haushaltsausschuss des Landtags ohnehin, weil die Staatsforsten ohne seine Zustimmung nichts verkaufen oder - wie hier - auf lange Sicht in Erbbaurecht vergeben dürfen.
Mit den Staatsforsten wären Rabl und Neuer auch längst einig, Miesbachs Kreisbaumeister Christian Boiger begleitet das Vorhaben nach eigenen Worten genau und "wohlwollend", und auch den Bauausschuss des Gemeinderats drunten in Schliersee haben die Inverstoren mit einigen Nachbesserungen und Zusicherungen inzwischen größtenteils überzeugt. Über diesen nachgebesserten Antrag auf Bauvorbescheid wollten die Räte am Donnerstagabend trotzdem nicht abstimmen, ehe sie in aller Form über die Haltung der Stiftung Kulturerbe informiert wurden.
Für sie und den mit ihr verbundenen Verein stellen der frühere Landtagspräsident Johann Böhm (CSU) und weitere Vorstandsmitglieder zwar zahlreiche Nachfragen an Rabl, zeigen aber zugleich eine gewisse Sympathie für dessen Pläne, die Rabl wiederholt als "Lebensprojekt" und Neuer nebenbei als "Liebhaberprojekt" bezeichnet. Er habe sich vor längerer Zeit mit dem Rad in die Valepp verfahren, dabei das Forsthaus entdeckt und später seinen Tegernseer Nachbarn und Freund Rabl darauf angesprochen, erzählt Neuer. Rabl wiederum, der in Tegernsee den Lieberhof und in Neuers Nachbarschaft den Leeberghof betreibt, hatte sich zuvor schon einmal vergeblich um das Forsthaus bemüht.
Ihnen gehe es mit dem Forsthaus um "Umweltschutz, Heimatschutz und Denkmalschutz", beteuert Rabl und spricht von regionalem Handwerk und kompletter Klimaneutralität. Das Forsthaus in der Valepp sei "keine Lage, die bayerisch jodelt", sondern besteche durch seine Bescheidenheit und Einfachheit. Diese wolle man bewahren, auch in der Gestaltung der Speisekarte und der Übernachtungsmöglichkeiten für 28 Gäste.
Man werde in der Valepp "eine Wirtshauskultur aufleben lassen, die niemanden ausschließt" - nicht die Einheimischen und auch nicht die Wanderer, Mountainbiker und Tourengeher, die das Forsthaus als Einkehrmöglichkeit vermissen. Was den Verkehr betrifft, so wolle man sogar weniger Autos als bisher und stattdessen die Straße vom Spitzing nur für das eigene E-Shuttle freiräumen lassen.
Die drei Vereine, die sich gemeinsam an den Landtag gewandt haben, hat Rabl mit all dem freilich noch nicht überzeugt. So spricht sich Hans Kornprobst, Sprecher des Arbeitskreises Wald beim Bund Naturschutz in Bayern und in seinem Berufsleben als Leiter des damaligen Forstamts Schliersee selbst lange Jahre für das Forsthaus verantwortlich, nach wie vor klar gegen die Pläne von Rabl und Neuer aus. Demnach erwägen der BN und der Verein zum Schutz der Bergwelt auch eine Klage gegen das Vorhaben. Möglich wäre eine solche Klage aber frühestens gegen eine entsprechende Baugenehmigung durch das Landratsamt Miesbach.