Organisierte Kriminalität:Sie sollen 748 Menschen nach Europa gebracht haben: Internationele Schleuserbande ausgehoben

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Spezialkräfte der Bundespolizei waren am europaweiten Einsatz gegen die Schleuserbande beteiligt. (Foto: Bundespolizei (oh))

Zwei Menschen sind bei den Aktionen gestorben. Staatsanwälte und Ermittler aus Bayern lassen in mehreren europäischen Ländern mehr als 20 Verdächtige festnehmen.

Von Matthias Köpf, Traunstein

Schleuserkriminalität gehört für die Staatsanwaltschaft im oberbayerischen Traunstein schon seit etlichen Jahren zum Tagesgeschäft, denn die Strafverfolger im äußersten Südosten Bayerns sind für das deutsche Ende der sogenannten Balkanroute zuständig. An die Hintermänner kommen sie bei all dem selten heran, doch am Mittwoch in den frühen Morgenstunden ist den Traunsteiner Staatsanwälten und der Bundespolizei nach eigenen Angaben ein harter Schlag gegen eine große Schleuserorganisation geglückt.

Europaweit ließen sie mehr als 20 Verdächtige festnehmen, darunter vier in Deutschland. Diesen vier Männern im Alter zwischen 31 und 43 Jahren werfen die Ermittler vor, bei rund 120 verschiedenen Gelegenheiten mindestens 748 Menschen nach Europa geschleust zu haben. In einem Fall seien auf dem Weg von Weißrussland nach Lettland zwei Menschen zu Tode gekommen.

Mit genauen Angaben halten sich Staatsanwaltschaft und Bundespolizei nach eigenen Worten „aus ermittlungstaktischen Gründen“ zurück. Die Bande beschreiben sie jedoch als „international agierenden Schleuser-Clan“, der seit mindestens 2021 vor allem syrische Staatsbürger nach Europa gebracht habe – überwiegend über die Balkanroute und für durchschnittlich 4500 Euro pro Person.

Die vier auf deutschem Boden festgenommen Männer sind demnach selbst Syrer. Sie gingen den Ermittlern am Mittwoch bei gleichzeitigen Durchsuchungen von acht Wohnungen sowie von Geschäftsräumen in Hannover, Leipzig und Duisburg ins Netz. Dort stellten die Beamten nach Angaben der Staatsanwaltschaft zudem zahlreiche Beweismittel wie Smartphones und Computer sowie 30 000 Euro in bar sicher. Insgesamt soll die Bande mit den Schleusungen fast 3,4 Millionen Euro eingenommen haben. Für den Hauptorganisator halten die Ermittler einen 43-Jährigen, dem sie überdies die Anstiftung zum versuchten Mord in drei Fällen sowie schweren Raub vorwerfen.

Die Staatsanwaltschaft beschreibt die Festnahmen vom Mittwoch nicht nur als eigenen Erfolg und den der Inspektion Kriminalitätsbekämpfung bei der Bundespolizeidirektion München, sondern auch als Erfolg des sogenannten Traunsteiner Modells. Bei dem führt und koordiniert eine in Traunstein angesiedelte Spezialabteilung zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden und organisierten Kriminalität auf der Suche nach Strukturen und Hinterleuten internationale Ermittlungen – in diesem Fall vor allem in Serbien, Bosnien-Herzegowina, Österreich und den Niederlanden. Insgesamt hätten Behörden aus 13 Ländern zusammengearbeitet. Am Ende habe ein Oberstaatsanwalt aus Traunstein bei der europäischen Justizbehörde Eurojust in Den Haag die gleichzeitigen Festnahmen und Durchsuchungen in mehreren Ländern abgestimmt.

Eine solche internationale Zusammenarbeit von Polizei und Justiz sei das einzige Mitteln gegen diese Art des organisierten Verbrechens, heißt es aus Traunstein weiter. Auch in diesem Fall habe sich der „bundesweite Trend“ bestätigt, dass Schleuserbanden bei ihren lukrativen Geschäften immer gewaltbereiter, rücksichtsloser und professioneller agierten. Sie riskierten das Leben vieler Menschen auf teils extrem beschwerlichen Schleusungsrouten und schreckten nicht vor Gewalt zurück – weder gegen die Geschleusten noch gegen rivalisierende Schleuserbanden.

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