Schleching:Hoffnung für das Streichen-Wirtshaus

Stiftung Kulturerbe Bayern will Gebäude übernehmen, Gemeinde bekäme Mitspracherecht

Von Matthias Köpf, Schleching

Im Ziel, den weit über den Chiemgau hinaus bekannten Berggasthof am Streichen zu erhalten, sind sich die Menschen unten im Achental eigentlich einig. Allerdings ist der Streit darüber, ob die Gemeinde Schleching den Gasthof selbst kaufen soll, zur Zerreißprobe für den Ort geworden. Nun deutet sich eine Lösung an, mit der alle Seiten zufrieden sein könnten. Die Stiftung Kulturerbe Bayern will das exponiert über dem Tal gelegene und seit dem Tod des Streichenwirts im November verwaiste Wirtshaus übernehmen. Die kleine Gemeinde erhielte ein Mitspracherecht, ohne den eigenen Haushalt zu belasten.

Die Wirtshauskultur liegt der Stiftung erklärtermaßen am Herzen. Sie sucht derzeit per öffentlicher Kampagne "ein Wirtshaus mit Geschichte, um es in Obhut zu nehmen und wieder zu einem lebendigen Ort zu machen". An den Streichen habe man da zunächst gar nicht gedacht, sagt Andreas Hänel, der im Stiftungsvorstand für die Objekte zuständig ist. Denn die Kampagne sei längst geplant gewesen, als man auf das Streichenwirtshaus aufmerksam geworden sei. Dieses passt der 2015 als Verein gegründeten und drei Jahre später in aller Form eingerichteten Stiftung aber perfekt ins Konzept. Nach dem Vorbild des britischen National Trust will sie prägende Objekte mit privatem Stiftungsgeld kaufen, um sie für die Öffentlichkeit zu erhalten. Das Wirtshaus am Streichen wäre ihr drittes Projekt nach einem Altstadthaus in Rothenburg und dem oberfränkischen Schloss Erkersreuth. Dort habe die Stiftung gezeigt, dass sie "extrem schnell reagieren kann, wenn es drauf ankommt", sagt Andreas Hänel.

Denn auch in Schleching drängt die Zeit. Die Erben des Streichenwirts sind selbst fortgeschrittenen Alters. Sie wollen das Wirtshaus nicht weiterführen, sondern am liebsten der Gemeinde verkaufen, damit dort alles so bleiben kann, wie es ist. Doch in Schleching wurde man sich nicht einig. Eine Mehrheit im Rat stimmte mehrmals für den Kauf, während sich Bürgermeister Josef Loferer und einige andere mit Verweis auf die Gemeindefinanzen dagegen stemmten und lieber einen örtlichen Unternehmer als Käufer gesehen hätten.

Eine allerletzte Frist für die Entscheidung läuft Ende Juni ab, weshalb die Mehrheit im Rat zuletzt sogar ein Bürgerbegehren zurückgewiesen hat, das die Schlechinger selbst über den Kauf abstimmen lassen wollte. Dem Rat steht da aber nur eine formelle Prüfung zu, und das Landratsamt Traunstein sieht das Begehren als zulässig an. Dass es den Beschluss der Räte korrigiert, könnte aber ebenso nebensächlich werden wie die verstreichende Frist.

Denn mit der Konstruktion, wie sie sich nun abzeichnet, könnte die Gemeinde absagen, ohne das Wirtshaus privaten Investoren und damit einem langfristig womöglich unsicheren Schicksal zu überlassen. Stattdessen würde sich die Stiftung Kulturerbe mit der ebenfalls gemeinnützigen Stiftung eines Schlechingers zusammentun, die vor schon Längerem eine gute Million Euro zugesagt hat. Zusammen würden sie das Wirtshaus kaufen, behutsam herrichten und dann an einen geeigneten Wirt verpachten. Begleiten soll das alles ein Beirat, in dem auch die Gemeinde vertreten wäre.

Andreas Hänel hat darüber nach eigenen Worten mit allen Beteiligten gesprochen, und es sei keiner dabei gewesen, der eine solche Lösung nicht gut gefunden hätte. Beschlossene Sache sei all das aber noch nicht. Dazu brauche es die Zustimmung der nötigen Gremien - und am besten weitere Mitglieder für den Verein Kulturerbe Bayern und Spenden für die Stiftung, die den Kauf zunächst aber finanzieren könne. Ihre Wirtshaus-Kampagne würde sich damit keineswegs erledigt haben, sagt Hänel. Man bitte weiterhin um Vorschläge und werde Ende des Jahres ein Ergebnis präsentieren.

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