Schlanker Freistaat:Haderthauer und die Sümpfe

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Haderthauer und Seehofer wollen in Bayern auf die "Paragrafenbremse" steigen. (Foto: ag.dpa)

Horst Seehofer hat das Ziel ausgerufen, den Staat zu entschlacken. "Paragrafenbremse" heißt das Konzept, das Staatskanzleichefin Christine Haderthauer jetzt mit bayerischem Ehrgeiz durchsetzen will - obwohl vor ihr schon ein CSU-Politiker daran gescheitert ist.

Von Frank Müller

Als Bremser sehen sich Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Staatskanzleichefin Christine Haderthauer üblicherweise nicht so gern. Wenn die beiden CSU-Politiker nun gemeinsam auf eine "Paragrafenbremse" steigen, dann tun sie dies mit bayerischem Ehrgeiz, also mit vollem Tempo. Schnell soll Haderthauer nun dieses in Bayern neue Instrument durchsetzen, das Seehofer in seiner Regierungserklärung nach der Wiederwahl versprochen hat.

Es sieht vor, dass es in Bayern "grundsätzlich" keine neuen Vorschriften mehr geben soll - außer sie sind zwingend notwendig. Und selbst dann dürfe deren Gesamtzahl nicht steigen. Für jede trotzdem eingeführte muss demnach eine andere abgeschafft werden. "One in, one out", nennt Haderthauer das in ihrer Vorlage fürs Kabinett auf gut Bayerisch.

Das Papier, das der SZ vorliegt, macht auch deutlich, wie streng Haderthauer Seehofers Wunsch umzusetzen gedenkt. "Im Geltungsbereich der Paragrafenbremse ist eine beabsichtigte Norm nur auf Basis besonderer Rechtfertigung möglich", schreibt sie ihren Ministerkollegen ins Stammbuch. "Dass sie politisch ,wünschenswert' ist oder fachlich ,gute Gründe' für die Regelung sprechen, genügt also nicht." Mit solchen Begründungen werden üblicherweise neue Gesetze vorgeschlagen. Jetzt nicht mehr: Gute und vernünftige Gründe müsse jede Verordnung ohnehin haben, stellt die Staatskanzleichefin klar. "Sonst wäre sie grundlos."

Nun müssen die Minister selbst nachweisen, dass es ein Gesetz wirklich braucht. Ob die Sache dann überhaupt ins Kabinett kommt, entscheidet im Zweifelsfall ein "Normprüfungsausschuss" aus Spitzen der Ministerien. Wie dieser arbeitet, darüber hat sich Haderthauer schon Gedanken gemacht: mit ihr als Vorsitzende, die einfachere Fragen auch allein entscheidet. Schwierigere Beschlüsse werden im Umlaufverfahren entschieden - "etwa auf Vorschlag der Vorsitzenden".

Wenn durch dieses Raster möglichst viele gut gemeinte Pläne fallen, wäre das im Sinne Seehofers und Haderthauers. Die Staatskanzleichefin dreht in ihrem neuen Amt zur Freude Seehofers erkennbar auf. Sie will nun Entbürokratisierung und mehr Bürgernähe zum zentralen Thema machen. "Wir brauchen eine ganz andere Kultur der Kommunikation." Dazu tragen auch eigene Erfahrungen aus ihrer Zeit als Sozialministerin bei. "Wir Minister werden ja bei Terminen auf Mitteilungen aus unseren Häusern angesprochen - was wir da lesen, überrascht uns dann oft selbst."

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Im Ministerrat wurde das Konzept einstimmig beschlossen, auch wenn mancher erst einmal zusammenzuckte. Umweltminister Marcel Huber gibt zu, als Praktiker neige man durchaus zum ministeriellen Erlass. Aber das Ziel, den Staat zu entschlacken, sei noch wichtiger. Erfolge dabei traut der Staatskanzleichefin sogar Erwin Huber zu. Dieser hatte vor zehn Jahren in selber Funktion Ähnliches probiert - und zwar mit der Brechstange.

Sein Satz, beim Trockenlegen der Sümpfe dürfe man nicht die Frösche fragen, ist legendär und machte ihm in der CSU viel Ärger. Dass solcher auch auf Haderthauer zukommen könnte, ist ihr klar. "Ich weiß, ich mache mich damit wahnsinnig beliebt", sagt sie ironisch. "Aber einer muss sich da federführend drum kümmern."

© SZ vom 20.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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