Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass die hohen Maskenprovisionen an frühere CSU-Politiker nicht den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllen, sehen sich Alfred Sauter und Georg Nüßlein bestätigt. Der Beschluss zeige, teilte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Nüßlein mit, dass "die gegen mich erhobenen Korruptions-Vorwürfe haltlos" seien. "Wenn derartige Geschäfte für Abgeordnete verboten gewesen wären, hätte ich keine gemacht." Es sei "kein Geschäft mit der Not der Menschen" gewesen, sondern eines gegen die Not - im Vergleich mit anderen Angeboten habe der Staat "mit unseren Masken" mindestens neun Millionen Euro Steuergeld gespart.
Der heute fraktionslose Landtagsabgeordnete Alfred Sauter sagte der Augsburger Allgemeinen: "Ich fühle mich in allem bestätigt, was ich von Anfang an gesagt habe." Schon zuvor hatte Sauter die Vorwürfe "abenteuerlich und konstruiert" genannt. Die berufliche Tätigkeit von Abgeordneten sei laut Bundesverfassungsgericht sogar erwünscht - weil sie die Einbindung in die Lebenswelt der Menschen fördere.
Sauter hat nun endgültig Anspruch auf seine Provision von mehr als 1,2 Millionen Euro, die Bayerns Justiz vorübergehend eingezogen hatte. Nüßlein muss eine ähnliche Summe zurückbekommen. Die beiden hatten im März Maskenverträge zwischen einer hessischen Textilfirma und dem Bund beziehungsweise Bayern vermittelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am Dienstag eben keine Bestechlichkeit laut Rechtslage festgestellt: So sei bei Politikern nur die Annahme von Gegenleistungen für Handlungen "bei der Wahrnehmung des Mandates" strafbar, etwa bei Abstimmungen im Parlament. Dass Abgeordnete außerhalb der politischen Arbeit ihren Einfluss geltend machten, werde vom Paragrafen 108e im Strafgesetzbuch nicht erfasst. Den Gerichten seien quasi die Hände gebunden.
Bereits im November hatte das Oberlandesgericht (OLG) München so entschieden, bedauerte es aber nahezu, dass der Schmiergeld-Paragraf nicht mehr hergebe. Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München sind jetzt so gut wie vom Tisch.
Erneut entflammt ist dafür die Debatte über das Strafgesetzbuch. Auch bayerische Vertreter der Ampelparteien fordern die Bundesregierung auf, die Schlupflöcher zu schließen - dies sei in Berlin bereits vereinbart und komme wohl in den kommenden Monaten, sagte Markus Rinderspacher (SPD). "Der Gesetzgeber hat bisher nicht mit der Unverfrorenheit solcher CSU-Politiker gerechnet, die ihr Mandat hemmungslos kommerzialisieren." Rinderspacher verlangt aber auch von der Partei, in der die Deals stattfanden, Engagement bei der Reform: "Die CSU ist absolut in der Bringschuld."
"Der juristische Freispruch macht die moralische Schuld nicht wett."
In der CSU gibt es keine zwei Meinungen darüber, wie misslich die Maskenaffäre mit Blick auf die Landtagswahl 2023 ist. Und dass gerade die Entscheidung, dass Sauter und Nüßlein das Geld behalten dürfen, den Anspruch von Ministerpräsident Markus Söder konterkariere, "ganz nah dran" zu sein an den Menschen und ihren Sorgen. Manche in der CSU überlegen auch, ob nicht noch einmal ein Großaufschlag zum Thema Transparenz nötig sei. Generalsekretär Martin Huber hatte am Dienstag über Sauter gesagt: "Der juristische Freispruch macht die moralische Schuld nicht wett." Zum weiteren Vorgehen gab es am Mittwoch aus der CSU-Landesleitung auf Nachfrage keine Stellungnahme.
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Maskenaffäre und Ex-Justizminister, Winfried Bausback (CSU), äußerte sich indes. Er wies darauf hin, dass der Freistaat schon sein Abgeordnetenrecht verschärft habe. "Ein inakzeptables Verhalten" wie von Sauter wäre demnach "heute rechtlich untersagt", der Landtag könnte das etwa durch Einziehung der Gewinne ahnden.
Und zum löchrigen Bundesgesetz? Im Januar beauftragte der Landtag die Staatsregierung per Beschluss, im Bund auf eine Reform des Paragrafen 108e hinzuwirken. Im Lichte der Entscheidungen von OLG und BGH zeige sich, dass die juristische Formulierung sehr anspruchsvoll sein werde, sagt Bausback. "Meine persönliche Absicht ist, dass die Union sich hier konstruktiv einbringen sollte." Ein breiter Konsens sei wünschenswert. Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sieht einem Sprecher zufolge ebenfalls "Reformbedarf, dies ist Aufgabe des Bundesgesetzgebers". Eine Bundesratsinitiative Bayerns, von der in den Koalitionsfraktionen im Landtag die Rede ist, ist dem Ministerium aber nicht bekannt.
Eine ganz andere Frage: Wie steht es um Sauters Rückkehr in die CSU-Fraktion, da er sich ja offiziell nichts zu schulden hat kommen lassen? Beim Austritt schrieb er damals an Fraktionschef Thomas Kreuzer, alles werde sich als haltlos erweisen und er wolle nach Abschluss des Verfahrens "wieder in die Fraktion aufgenommen werden". Willkommen ist er dort ausdrücklich nicht. Am Mittwoch bestätigte Kreuzer, was er schon nach dem OLG-Entscheid gesagt hatte: Die Tür ist zu. Unabhängig von der strafrechtlichen Relevanz sei Sauters Verhalten "moralisch verwerflich" gewesen. Damit habe er der CSU-Fraktion "schweren Schaden zugefügt", sodass ein Wiedereintritt ausgeschlossen sei.