Bayerischer Landtag:Sauter sieht sich in Maskenaffäre als Opfer

Bayerischer Landtag: Der frühere CSU-Justizminister und Rechtsanwalt Alfred Sauter im Mai 2022 vor Beginn der Sitzung des Maskenausschusses im Landtag.

Der frühere CSU-Justizminister und Rechtsanwalt Alfred Sauter im Mai 2022 vor Beginn der Sitzung des Maskenausschusses im Landtag.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der frühere CSU-Justizminister ergreift zu später Stunde im Plenum das Wort und rechtfertigt seine Provisionen. "Beschämend und peinlich", sei das, sagen sie in der CSU.

Von Andreas Glas

Der Dienstagabend im Landtag ist bereits weit fortgeschritten, bald 23 Uhr, da erhebt sich in der letzten Reihe ein Mann von seinem Stuhl. Fast bedächtig schleicht der Mann zum Rednerpult, die rechte Hand steckt in seiner Hosentasche, irgendwie lässig. Aber das täuscht. Nach dem Aufritt, den Alfred Sauter gleich hinlegt, wird einiges dafür sprechen, dass die Hand in seiner Hose zur Faust geballt ist.

Seit im März 2021 die Staatsanwaltschaft bei ihm einrückte, hat der Landtagsabgeordnete und frühere CSU-Justizminister Sauter fast durchgängig geschwiegen. Dafür haben andere über ihn geredet. "Schweren Schaden" habe Sauter angerichtet, sagte CSU-Chef Markus Söder über seinen Parteikollegen, der zu Beginn der Corona-Pandemie üppige Provisionen kassierte, weil er Schutzmasken an den Freistaat vermittelte. Mehr als drei Jahre später tritt Sauter also ans Rednerpult des Landtags, bei der Schlussdebatte zum Untersuchungsausschuss zur CSU-Maskenaffäre. Es ist der Versuch einer Rechtfertigung. Und eine Abrechnung mit seiner Partei. Einsicht? Null.

Sauter, 72, zieht ein paar Blätter Papier aus einer gelben Mappe, stützt die Unterarme aufs Pult und richtet sich an Winfried Bausback, den CSU-Fraktionsvize und Vorsitzenden des U-Ausschusses zu den Maskendeals. Bausback hatte in seiner Rede gesagt, dass "alle Beschaffungen des Freistaats strikt nach Recht und Gesetz" erfolgt seien. "Komisch", sagt Sauter, "dass es dann doch ein paar böse Buben braucht."

Weil er ohne Anklage und Strafe davonkam, versucht Sauter einen Widerspruch zu konstruieren: Wie kann er hier der Schuldige sein, wenn es keinen Schuldspruch gibt? Was Sauter unerwähnt lässt: Dass selbst das Oberlandesgericht München, das keine Strafbarkeit sah, den Bundestag für dessen aus Sicht des Gerichts unzureichenden Schmiergeldparagrafen für Abgeordnete rügte - und Sauter für dessen Geschäfte, die geeignet seien, das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität von Abgeordneten zu beschädigen und den "Demokratieverdruss zu fördern".

Aber um das Vertrauen der Menschen, um die Demokratie, um all das geht es Sauter nicht, jedenfalls nicht bei seiner kurzen, verbitterten Rede im Landtag. Es geht ihm darum, die CSU anzuklagen, die ihn verurteilt und aus der Landtagsfraktion gedrängt hat, aber bis heute darauf beharrt, dass bei den staatlichen Maskengeschäften kein Filz im Spiel gewesen sei. Diese eigentümliche Logik nutzt Sauter für den Versuch, sich reinzuwaschen. Es bleibt allerdings beim Versuch.

Für ihn, sagt Sauter, sei "die politisch interessante Frage", warum im Freistaat "so gut wie keine Schutzausrüstung vorhanden war", warum es für die Maskenbeschaffung überhaupt Dritte brauchte. Statt um die "Verursacher des Beschaffungsproblems" gehe es nun um die "Diskreditierung derjenigen, die einen Beitrag dazu geleistet haben, das Beschaffungsproblem zu lösen". Er meint sich da natürlich selbst. In Winfried Bausback, dem U-Ausschuss-Leiter, scheint er den Treiber einer Kampagne gegen seine Person zu sehen.

Der Generalstaatsanwalt, der das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet hatte, sei "viele Jahre der Leiter deines Büros als Justizminister gewesen", sagt Sauter in Richtung Bausback. Wahrscheinlich soll das ein Hinweis sein auf irgendeine Verschwörung, die Sauter da wittert oder zumindest mal in die Welt setzt, weil das ja vielleicht verfängt bei dem einen oder der anderen. "Beschämend und peinlich, dass sich Alfred Sauter als vermeintliches Justizopfer und Helfer in der Not geriert", sagt Bausback später. Es sei "unabhängig von der juristischen Bewertung moralisch verwerflich", was Sauter getan habe. "Die Chance, sich bei der Öffentlichkeit zu entschuldigen", habe er nicht genutzt, sagt Bausback.

Die Frage des SPD-Fraktionschefs Florian von Brunn, ob er ein moralisches Fehlverhalten bei sich sehe, beantwortet Sauter nicht. Er erklärt lediglich, dass er das Geld, das er für die Vermittlung der Masken bekam, "entweder versteuert oder gespendet" habe. Kurios ist der Moment, als ihn Landtagsvizepräsident Wolfgang Heubisch (FDP) unterbricht und an seine begrenzte Redezeit erinnert. "So ist das. Da können sich alle über mich hermachen, wie sie Lust haben", und dann habe er selbst nur ein paar Minuten, um sich zu erklären. Im Untersuchungsausschuss hätte Sauter reichlich Zeit gehabt, aber da wollte er ja nicht reden. "Statt dem Ausschuss Antworten zu liefern, hat Alfred Sauter im Plenum nur Theaterdonner erzeugt", sagt Florian Siekmann (Grüne) hinterher, Vizevorsitzender des Maskenausschusses. Als sich der Donner gelegt hat, schleicht Sauter zurück auf seinen Platz, in die letzte Reihe.

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