Event-Alm in Bad Wiessee:Die Saurüsselalm wird zum Schwarzbau

Lesezeit: 2 Min.

Die umstrittene Saurüsselalm bei Bad Wiessee am Tegernsee im Landkreis Miesbach. (Foto: Matthias Köpf)

Weil sich abzeichnet, dass Bayerns oberste Verwaltungsrichter die Baugenehmigung für die umstrittene Event-Alm über dem Tegernsee verwerfen werden, zieht Großgrundbesitzer Franz Haslberger seinen Bauantrag gleich ganz zurück.

Von Matthias Köpf, Bad Wiessee

Ob es das jetzt wirklich braucht, ist eine Frage, die sich oft erst hinterher stellt. Also wenn der Käse gebissen ist – oder im konkreten Fall, wenn das Rindertatar genossen ist und die Trüffelpizza verspeist. In der Saurüsselalm am Tegernsee sind 2023 insgesamt fast 60 000 Tatare, Trüffelpizzen, aber auch Wurstsalate oder Obazde konsumiert worden, dazu annähernd 100 000 Getränke.

Diese Zahlen haben die Anwälte des Freisinger Baustoffunternehmers und Bad Wiesseer Alm-Bauherren Franz Haslberger dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof serviert, um zu belegen, dass es die Ende 2021 eröffnete Gastro-Alm auf gut 1000 Höhenmetern im Hinterland von Bad Wiessee wirklich braucht für die Versorgung all der Ausflügler, Touristen und Bergsportler dort.

Aber die Richter haben diese Argumente praktisch zurückgehen lassen. Dabei wäre so ein dringender Versorgungsbedarf unbedingt nötig gewesen, um aus dem Umbau der einst einsamen und nur von Vieh frequentierten Söllachaualm zur recht ereignisfreudigen Saurüsselalm baurechtlich ein sogenanntes privilegiertes Vorhaben zu machen. So aber hat das Gericht am Donnerstag in Aussicht gestellt, die vom Landratsamt Miesbach erteilte Baugenehmigung für die Saurüsselalm als unrechtmäßig zu beurteilen und damit ein anderslautendes erstinstanzliches Urteil von 2022 aufzuheben.

Angesichts dessen ließ der hinten im Saal sitzende Haslberger seine Anwälte eine offenbar vorbereitete Erklärung heraus- und damit gleich den ganzen Bauantrag zurückziehen. Er selber brauche die Saurüsselalm sowieso nicht, ließ der auf seiner anderen Talseite recht ruhebedürftige Großgrundbesitzer Haslberger sinngemäß vortragen. Vielmehr habe er damit nur auf Bitten der Gemeinde reagiert, um deren Bedarf an einem touristischen Angebot und den Bedarf der Touristen nach gastronomischer Versorgung zu stillen.

Der Verein zum Schutz der Bergwelt, der gegen die Genehmigung geklagt hatte, ist hingegen der Meinung, dass die Saurüsselalm einen Präzedenzfall für die fortschreitende Eventisierung der Berge darstellt und dass die ganzen Gäste ohne das neue Angebot niemals ins zuvor viel stillere Söllbachtal gekommen wären. Angesichts des zu erwartenden Urteils lehnte der Verein das Angebot ab, fast ganz auf die besonders strittigen Abend-Events mit Shuttlebus-Service zu verzichten.

Auf die ganze Saurüsselalm verzichten wollen aber offenbar weder Nobel-Caterer Martin Frühauf als Hüttenwirt noch Eigentümer Haslberger. Der ließ nach der Verhandlung mitteilen, man setze nun „auf einen konstruktiven Austausch zwischen dem Landrat, der Gemeinde und dem Verein“. Im Raum steht etwa, dass die Gemeinde das Vorhaben eventuell per Bebauungsplan retten könnte – dann von Anfang an mit formeller Beteiligung von Umweltverbänden wie dem Verein zum Schutz der Bergwelt.

Frühauf wird ohnehin bald in der Söllbachklause aufkochen, einer deutlich näher am Ort gelegenen und von Haslberger teils ebenfalls eher nach Gusto als nach Genehmigung ausgebauten Gaststätte. Die wird womöglich den Versorgungsbedarf mancher Ausflügler auch ohne dreiviertelstündigen Bergspaziergang decken können.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusJugend auf dem Land
:Wenn im kleinen Dorf die große Freiheit lockt

Warum in die Stadt ziehen, wenn’s daheim so schön ist? Junge Menschen entdecken die Vorteile des Landlebens und finden das kein bisschen uncool. Noah Hansen hat es mit Dialekt sogar zum Influencer gebracht.

Von Lisa Schnell, Matthias Köpf, Hans Kratzer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: