Salafismus in Bayern:Terroristen werben Jugendliche über soziale Medien an

Ein verschleierte Muslima filmt die Rede von Salafistenprediger Pierre Vogel bei einer Kundgebung ra

Für den Salafismus begeistern sich immer häufiger auch Mädchen.

(Foto: imago/epd)
  • Auch in Bayern werden die sozialen Medien immer häufiger genutzt, um Jugendliche für den Islamischen Staat und andere Terrororganisationen anzuwerben.
  • Das Innenministerium sieht darin eine schwer kontrollierbare Gefahrenquelle.

Von Katja Riedel

Die sozialen Medien wie Whatsapp, Telegram und Messenger werden immer häufiger genutzt, um Jugendliche für den Islamischen Staat (IS) und andere Terrororganisationen anzuwerben - auch in Bayern. Das Innenministerium sieht in diesen Diensten eine schwer kontrollierbare Gefahrenquelle, wie aus einer Antwort an die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, hervorgeht. Darin heißt es, dass deutsche Verfassungsschutzbehörden durch Auswertungen dieser Sozialen Netzwerke im vergangenen Jahr mehrere Ausreisen - auch bayerischer Jugendlicher - in Kampfgebiete verhindert hätten.

Bundesweit sehen Sicherheitsbehörden in den vergangenen Monaten mit Sorge, dass sich vor allem junge Mädchen stärker für den radikalen Salafismus begeistern - und auch für eine Ehe an der Seite eines zukünftigen "Shahid", eines Märtyrers. Dies soll der Witwe nach salafistischer Vorstellung einen Platz in Jannah sichern, im Paradies. Die bayerischen Behörden wissen auch von Heiratsvermittlern, die im Internet unterwegs seien. "Der tatsächliche Nachweis einer gezielten operativen Steuerung solcher Heiratsvermittler durch Institutionen des IS fehlt in Bayern bislang", schreibt das Innenministerium. Vielmehr organisiere sich dieses Phänomen derzeit in einer "Netzwerkstruktur".

Bislang leben 20 Rückkehrer im Freistaat

Bereits flüchtige Internetbekanntschaften reichten demnach aus, um genug Vertrauen zu fassen, sich als geeignete Heiratskandidatin anzubieten. Soziale Medien spielten bei der Radikalisierung Jugendlicher zwar keine alleinige, aber doch eine wachsende Rolle. Die Polizei bemühe sich zwar, verdächtige Profile löschen zu lassen - die Besitzer legen jedoch meist umgehend neue Profile unter anderen Namen an. Auch Whatsapp-Gruppen der Anwerber für den IS bestünden oft nur wenige Tage. Für seine Propagandavideos, die Teil der psychologischen Kriegsführung sind, nutzt der IS inzwischen weniger den Kanal Youtube als Facebook und Twitter.

Aus Sicherheitskreisen ist zu erfahren, dass bislang 61 Menschen aus Bayern gen Syrien oder Irak ausgereist sind oder ihre Ausreise konkret geplant haben. Etwa 20 Rückkehrer sollen im Freistaat leben. Zwei minderjährige Mädchen seien laut Innenministerium seit 2013 ausgereist. Eine von ihnen ist Elif Ö. aus Neuried bei München, die Ende Februar verschwand und mittlerweile in Syrien leben soll. Von männlichen Minderjährigen aus Bayern, die in Syrien kämpfen, ist den bayerischen Behörden zumindest offiziell nichts bekannt.

Minderjährige werden von Statistik nicht erfasst

Bundesweit hält der Trend zur Ausreise in die Kampfgebiete in Syrien und im Irak an. 680 Erwachsene sind laut Bundesamt für Verfassungsschutz bisher ausgereist, Minderjährige dürfen nicht statistisch erfasst werden. Bis zu 40 Jugendliche könnten aber in Syrien kämpfen oder gekämpft haben. Etwa ein Drittel der Ausgereisten, von denen man weiß, ist nach Deutschland zurückgekehrt, 50 haben nachweislich gekämpft. 85 Deutsche sind nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden bei Kampfhandlungen gestorben. Die Dunkelziffer ist bei all diesen Zahlen jedoch hoch.

Bundesweit wächst die salafistische Szene weiter, auf derzeit 7300 Mitglieder. Das Bundesamt für Verfassungsschutz zählt Bayern nicht zu den Hochburgen. Diese liegen in Nordrhein-Westfalen, in Berlin und im Rhein-Main-Gebiet.

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