Rücktritt von Georg Fahrenschon:Mr. Vorsichtig wählt das Risiko

Außergewöhnliche Blitzkarriere: Sogar als möglicher Nachfolger von Horst Seehofer ist Georg Fahrenschon gehandelt worden. Doch der 43-Jährige entscheidet sich nun gegen die Politik - wie schon andere CSU-Politiker vor ihm. Nicht für alle hat sich diese Entscheidung als segensreich erwiesen. Bei Fahrenschon verläuft zumindest der Übergang ins neue Berufsleben holprig - er startete mit einer Panne.

Birgit Kruse

Der Rücktritt beginnt mit einer Panne. Mit fester Stimme beginnt Georg Fahrenschon zu sprechen. Dass er am heutigen Tag seine Bewerbung für das Amt des Sparkassenpräsidenten eingereicht habe, sagt er. Und dass er damit "das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten" niederlegt. Horst Seehofer lacht, denn um seinen Rücktritt geht es an diesem Donnerstagvormittag nicht.

Pk mit Seehofer und Fahrenschon

Eine Entscheidung - nicht ohne Risiko: Georg Fahrenschon gibt am Donnerstag seinen Rücktritt als Finanzminister bekannt.

(Foto: dpa)

Fahrenschon murmelt etwas von einem "Freudschen". Dann erklärt er mit fester Stimme und lauter als er sonst spricht seinen Rücktritt vom Amt des Finanzministers. Es sei eben alles "hochemotional", schiebt er entschuldigend hinterher. Doch es sei wichtig gewesen, den Weg "schnellstmöglich für eine neue Nachfolge freizumachen". Eine "zügige Übergabe" sei nötig, "ohne Verzögerung". Außerdem sei es ihm eine Ehre, eine Freude gewesen, "für Bayern der oberste Kassenwart zu sein".

Seehofer muss diese Entscheidung hinnehmen, auch wenn es ihm nicht leicht fällt. Gerne hätte er Fahrenschon behalten, einen "ausgewiesenen Fachmann", wie er betont. Drei Jahre lang habe man gut und ohne jegliche Streitigkeiten zusammengearbeitet. Eine "menschliche Art des Miteinander", für die Seehofer seinem scheidenden Finanzminister dankt.

Steile Karriere

Fahrenschon ist bereits das dritte Kabinettsmitglied, das Seehofer den Rücken kehrt. Im Herbst 2009 warf Innenstaatssekretär Bernd Weiß hin - aus Verärgerung über den Führungsstil von CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer. Und erst vor wenigen Monaten, im Mai 2011, verabschiedete sich Staatskanzleichef Siegfried Schneider, er ist jetzt Präsident der Bayerischen Landesmedienanstalt (BLM).

Schneiders Rücktritt hat für Fahrenschon das langersehnte Landtagsmandat gebracht, er ist der Nachrücker. Seit 2007 hatten Kritiker dem heute 43-Jährigen immer wieder vorgehalten, im Kabinett zu sitzen, ohne ein Landtagsmandat zu haben. Ein Malus aus Sicht der Fraktion, die es lieber sieht, wenn ihre Mitglieder ins Kabinett aufrücken.

Fahrenschons Ruf ins Kabinett überraschte 2007 viele. Damals holte Ministerpräsident Günther Beckstein den jungen Bundestagsabgeordneten nach München und machte ihn zum Staatssekretär im Finanzministerium unter Erwin Huber. Seit 2002 saß der studierte Ökonom aus Neuried bei München für die CSU im Bundestag, war Mitglied im Finanzausschuss.

Sogar Fahrenschon selbst schien von dem Karrieresprung überrascht. In den ersten Monaten wirkte er oft schüchtern und zurückhaltend. Was ihn aber nicht davon abhielt, sich rasch in die komplexe Materie des Hauses einzuarbeiten. Schon bald hatte er den Ruf, sich in komplizierten Haushalts- und finanzpolitischen Fragen auszukennen. Fahrenschon galt als Sachpolitiker, nicht als findiger Strippenzieher und erst recht nicht als ehrgeiziges, machthungriges Alphatier.

Horst Seehofer hatte er damit offenbar überzeugt. Nach der Landtagswahl 2008 machte der neue Ministerpräsident Fahrenschon zu seinem Finanzminister. Eine Blitzkarriere, wie es sie selten gibt in der CSU.

Zu hausbacken?

So wurde Fahrenschon schon bald als einer der möglichen Seehofer-Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten gehandelt. Neben Markus Söder, Joachim Herrmann und - bis vor wenigen Monaten - Karl-Theodor zu Guttenberg.

Doch Fahrenschon hat nicht nur Unterstützer in der Partei. Kritiker werfen ihm vor, dass er zwar überall mitgeredet habe, den großen Wurf aus seinem Ressort habe man aber bislang vermisst. "Hausbacken" sei seine Politik gewesen. Manche halten ihn gar überhaupt nicht für einen richtigen Politiker.

Schon gleich zu Beginn seiner Ministerzeit stand Fahrenschon vor großen Herausforderungen: Er musste das Milliardendesaster bei der BayernLB bereinigen, das die Regierung Stoiber hinterlassen hatte. Gemeinsam mit den Sparkassen ist der Freistaat Bayern Eigentümer der maroden Landesbank.

Und in diesem Sommer musste er eine herbe Niederlage einstecken: Statt seiner wurde Bundesministerin Ilse Aigner zur Vorsitzenden des CSU-Bezirksverbandes Oberbayern gewählt - eine einflussreiche Position innerhalb der Partei, und auch ein wichtiger Schritt auf der Karriereleiter. Die Oberbayern sind der mitgliederstärkste und innerhalb der CSU einflussreichste Bezirksverband. Das Wort des jeweiligen Vorsitzenden hat Gewicht in der Partei.

Jetzt will Fahrenschon Präsident der deutschen Sparkassen werden. Am 3. November läuft die Bewerbungsfrist ab, am 30. November soll gewählt werden. Dann tritt Fahrenschon gegen Rolf Gerlach an, den westfälischen Sparkassenpräsidenten. Fahrenschons Chancen stehen gut - und das Amt ist verlockend.

Das Jahresgehalt soll bei 700.000 Euro liegen, ein Minister bekommt deutlich weniger. Außerdem kann Fahrenschon mit mehr Freizeit mit seiner Frau und den beiden Kindern rechnen.

Fahrenschon: Wahl zum Sparkassenpräsidenten nicht gesichert

Doch der Sprung in die Wirtschaft ist "kein Selbstläufer", wie ein CSU-Mitglied mahnt. Schon andere hätten sich dort versucht und Niederlagen einstecken müssen. Zum Beispiel Werner Schnappauf oder Otto Wiesheu, auch zwei ehemalige Minister.

Der einstige bayerische Umweltminister Schnappauf wurde 2007 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Damals für viele eine Notlösung. Anfang des Jahres wurde Schnappauf die Affäre um die Atomäußerungen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zum Verhängnis. Aus einer vertraulichen Sitzung war kolportiert worden, dass Brüderle das Atom-Moratorium als wahlkampftaktisches Kalkül bezeichnete. Schnappauf wurde für die Indiskretion verantwortlich gemacht und musste gehen.

Wie auch der frühere bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu. Nach 30 Jahren in der Politik und zwölf Ministerjahren wechselte er Anfang 2006 in den Vorstand der Deutschen Bahn. Doch noch vor Ablauf seines Fünfjahresvertrages musste er das Unternehmen verlassen. Der neue Bahnchef Rüdiger Grube, Nachfolger des geschassten Hartmut Mehdorn, wollte nach einem Datenskandal bei der Bahn einen Neuanfang - mit neuen Leuten.

Fahrenschon wird sich gut überlegt haben, ob er den Weg in die Wirtschaft wählen soll. Denn ausgemacht ist seine Wahl zum deutschen Sparkassenpräsidenten noch nicht. Es bleibe "spannend", sagte Fahrenschon selbst am Donnerstag in der Staatskanzlei. Zum ersten Mal in seiner Karriere geht der vorsichtige Fahrenschon ein Risiko ein.

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