Süddeutsche Zeitung

Rücktritt des BayernLB-Chefs:Zu viele Nullen

BayernLB-Chef Michael Kemmer hat den Kauf der Hypo Alpe Adria von Anfang an begleitet und bis heute immer wieder verteidigt. Am Ende hat er es sich mit allen verdorben.

Klaus Ott

Kaum hatte Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) am Montagmorgen in Wien den Rückzug der Landesbank aus Österreich und vom Balkan ausgehandelt, da meldete sich in München sein Kabinettskollege Martin Zeil (FDP) zu Wort.

Jetzt seien "personelle Konsequenzen" in der Staatsbank unausweichlich, sagte der Wirtschaftsminister. Das zielte vor allem auf Michael Kemmer, den Vorstandschef der BayernLB. Aus der CSU hatte es bereits vergangene Woche geheißen, sobald die österreichische Landesbank-Tochter Hypo Alpe Adria gerettet sei, werde die Debatte um Kemmer beginnen und er müsse gehen. So kam es dann. Montagabend wurde in der CSU sein Rückzug angekündigt.

Für die Krisengespräche über die Hypo Alpe Adria war Kemmer noch gebraucht worden. Vorzeitige Diskussionen über seinen Rauswurf hätten Bayerns Verhandlungsposition in Wien geschwächt. Doch danach geriet der Bank-Chef stündlich mehr unter Druck. Montagvormittag preschte Wirtschaftsminister Zeil vor, am Nachmittag legte Regierungschef Horst Seehofer nach.

Seehofer kündigte "persönliche Konsequenzen" bei der Landesbank an. Der Ministerpräsident hatte Kemmer bereits vor einem Jahr feuern wollen, beim ersten Milliarden-Desaster der Staatsbank, damals wegen Ramschanleihen aus dem US-Hypothekenmarkt. Doch die Sparkassen, seinerzeit noch einflussreicher Mitgesellschafter in der BayernLB, verhinderten Kemmers Rauswurf. Jetzt haben die Sparkassen nichts mehr zu sagen, jetzt war niemand mehr da, der den Vorstandschef schützte. Im bayerischen Kabinett wurde seine Auswechslung besiegelt.

Seehofer hatte kurzfristig zu einer Sondersitzung des Kabinetts geladen, bei der die Folgen des Reinfalls mit der Hypo Alpe Adria besprochen werden sollten. Michael Kemmer hatte schon im Jahr 2007, als die Hypo Alpe Adria gekauft wurde, dem Vorstand angehört. Und er hat dieses Engagement bis heute immer wieder verteidigt.

Noch vor fünf Monaten sagte Kemmer im Aufsichtsgremium der Landesbank, auch rückwirkend betrachtet sei der Erwerb der österreichischen Finanzgruppe mit Stammsitz in Kärnten nachvollziehbar und unstrittig, "nicht zuletzt vor dem Hintergrund der landsmannschaftlichen Verbindungen zwischen Bayern und Kärnten". So steht es im Sitzungsprotokoll.

Kemmers Begründung erstaunt. Mit angeblichen Kontakten "landsmannschaftlicher" Art hat wohl noch nie ein Chef einer Großbank Ausgaben in Milliardenhöhe gerechtfertigt.

Noch dazu bei einem Geschäft, dessen Fragwürdigkeit zum Zeitpunkt dieser Äußerung schon absehbar war. Doch keiner der beteiligten Manager gibt bis heute Fehler zu, auch Kemmer nicht.

Weich gefallen

Der Bank-Chef ist eines von nur noch drei verbliebenen Vorstandsmitgliedern, die 2007 beim Kauf der Hypo Alpe Adria im Amt waren. Fünf andere Manager mussten seither vorzeitig gehen, aus unterschiedlichen Gründen.

Dazu zählt auch Kemmers Vorgänger Werner Schmidt. Die Ex-Vorstandsmitglieder sind meist aber weich gefallen, sie wurden in der Regel mit einem sogenannten goldenen Handschlag verabschiedet. Ihre Verträge wurden und werden ausbezahlt, teilweise fließt das Geld noch bis 2012. Übriggeblieben sind aus dem alten Vorstand neben Kemmer nur noch Stefan Ropers und Ralph Schmidt. Ob auch sie gehen sollen, war am Montag nicht absehbar.

Zuletzt hatte es sich Kemmer auch mit der Belegschaft verdorben. Und zwar durch die Art und Weise, wie er die Bank sanieren wollte. Auch das ging daneben.

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SZ vom 15.12.2009/woja
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