Rückführung:Zentren für Balkan-Flüchtlinge: Die harte Tour zeigt Wirkung

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Das Balkanzentrum in Manching. Offenbar sollen hier, wie auch in Bamberg, nun auch Flüchtlingen aus anderen Ländern untergebracht werden. (Foto: REUTERS)
  • Es kommen kaum noch Balkan-Flüchtlinge in Bayern an.
  • Anscheinend hat sich herumgesprochen, dass die sogenannten Rückführungseinrichtungen in Bamberg und Manching besonders ungemütlich sind.
  • Kritiker halten die beiden Zentren für unzumutbar und fordern ihre Schließung.

Von Katja Auer und Andreas Glas, Bamberg/Manching

Innenminister Joachim Herrmann hat mal wieder eine Erfolgsmeldung verkündet. "Wir setzen weiter konsequent unsere wöchentlichen Sammelabschiebungen fort", teilte er am Mittwoch mit und dazu die neueste Zahl: 31 Asylbewerber seien gerade nach Kosovo zurückgebracht worden. Regelmäßig verschickt er diese Meldungen und regelmäßig betont er die große Erfolgsgeschichte der beiden Rückführungseinrichtungen in Manching und Bamberg.

Dort werden Asylbewerber aus den Balkanländern untergebracht, die möglichst schnell abgearbeitet und möglichst schnell wieder heimgeschickt werden sollen. Denn Bearbeitung bedeutet immer Ablehnung. In Manching und Bamberg ist bisher kein einziger Asylantrag positiv beschieden worden.

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"Wir werden diese Einrichtungen künftig noch intensiver nutzen", kündigte Herrmann kürzlich an. Was für ihn vermutlich eine freudige Botschaft ist, klingt für andere wie eine Drohung. Denn seit die Balkanzentren im September eröffnet wurden, wächst die Kritik.

Unterbringung von Flüchtlingen aus anderen Ländern offenbar geplant

Die Sozialarbeiter in den Einrichtungen, der Bayerische Flüchtlingsrat, die Kirche - alle kritisieren den Umgang mit den Bewohnern in Manching und Bamberg. Die harte Tour zeigt Wirkung, es kommen immer weniger Flüchtlinge vom Balkan. Kamen im Januar und Februar 2015 allein aus Kosovo 5600 Menschen nach Bayern, stellten dieses Jahr 280 Menschen vom gesamten Westbalkan Asylanträge.

Die Folge: In Manching sind nur 700 von 1500 Plätzen belegt, in Bamberg etwa 1200 von 1400. Dabei wird weiter ausgebaut, in Bamberg auf 4500 Plätze. Dass die Staatsregierung nun offenbar plant, die Zentren mit Asylbewerbern aus anderen Ländern - etwa aus der Ukraine - aufzufüllen, macht die Kritiker noch wütender.

"Die Ukraine ist momentan ein Kriegsgebiet", sagt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Es sei inakzeptabel, wenn Flüchtlinge, die vor Krieg und Gewalt fliehen, in ein Lager gesteckt würden, das nur dazu diene, Asylsuchende abzuschieben.

Thal glaubt, es solle sich herumsprechen, dass Bayern gnadenlos ist

Schon jetzt tue die Politik alles dafür, "dass es den Menschen in den Lagern nicht gut geht", sagt Thal. Er unterstellt der Staatsregierung das Kalkül, besonders unfreundlich zu den Menschen in den Rückführungseinrichtungen zu sein, damit sich die bayerische Hartherzigkeit in deren Herkunftsländern herumspricht und potenzielle Nachzügler abschreckt. Und nun, glaubt Thal, "soll sich auch in der Ukraine und in anderen Ländern rumsprechen", dass Bayern gnadenlos ist.

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Auch Michael Bammessel, der Chef der Diakonie Bayern, hat schon mehrmals auf Missstände hingewiesen. Etwa auf die Situation von schwangeren Frauen und Familien mit Kleinkindern. "Es gibt in den Wohnungen keinerlei Möglichkeit zu kochen oder Babynahrung zu erwärmen - die Versorgung mit Nahrungsmitteln findet einzig über die Kantine statt", sagte er über Bamberg.

Zudem stünden jeder Person weniger als fünf Quadratmeter zur Verfügung. Ein Rückzug, gerade für Mütter mit Kleinstkindern wichtig, sei da kaum möglich. Zudem kritisierte Bammessel, dass nun alle Flüchtlinge aus den Balkanländern, die anderswo in Bayern untergebracht sind, in die beiden Zentren umziehen müssen - egal wie gut sie integriert sind. Denn um Integration geht es nicht in den Balkanzentren, nur darum, die Menschen möglichst schnell heimzuschicken.

Es solle der Eindruck vermieden werden, "dass sich die Leute in irgendeiner Weise willkommen oder angenommen fühlen, um ja keinen Anreiz zu bieten, dass noch jemand nachkommt", sagt auch Gabriele Störkle von der Caritas, die in Manching für die Asylsozialarbeit zuständig ist.

Deshalb, erzählt Störkle, bekämen die Kinder in Manching und Bamberg auch nur einen abgespeckten Schulunterricht. In Manching zum Beispiel sind es eineinhalb Stunden Unterricht pro Woche - auf Englisch, weil sie Deutsch bald nicht mehr brauchen, so die Argumentation. Das gilt auch für Kinder, die bereits monatelang in die Schule gegangen sind, gut deutsch sprechen und dabei sind, sich zu integrieren. "Das ist Zynismus pur", sagt Störkle.

Wenn der Bundestag nun das geplante Asylpaket II beschließt, dann dürfte es in Manching und Bamberg noch ungemütlicher werden. Denn zum Paket gehört eine verschärfte Residenzpflicht. Wer den Bezirk der jeweiligen Ausländerbehörde verlässt, muss künftig damit rechnen, dass zur Strafe sein Asylverfahren eingestellt wird.

Flüchtlingsrat fordert Schließung der Rückführungszentren

Weil es in den Einrichtungen keine Asylrechtsanwälte gebe, sei ein Flüchtling aber drauf angewiesen, sich anderswo einen Anwalt zu suchen, sagt Alexander Thal vom Flüchtlingsrat. Wenn ein Bewohner des Bamberger Zentrums dies zum Beispiel in Nürnberg tue, sagt Thal, "und wenn er dabei erwischt wird, dann ist sein Asylverfahren beendet", das sei absurd. Der Flüchtlingsrat hat deshalb eine Online-Petition gestartet und fordert, die zwei Rückführungszentren zu schließen.

Die Gerüchte, in den Balkanzentren sollten bald auch Flüchtlinge aus anderen Ländern untergebracht werden, will bislang niemand bestätigen. Das sei eine politische Entscheidung, sagt ein Sprecher der Regierung von Oberfranken, die für das Zentrum in Bamberg zuständig ist. Bislang sei nichts bekannt, dass beispielsweise Menschen aus den Maghreb-Staaten auf das ehemalige Kasernengelände ziehen sollen.

Die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien definiert das Asylpaket II neuerdings als sichere Herkunftsländer. Aber irgendwann, sagt der Regierungssprecher, "wird der Punkt erreicht sein, wo man sich fragen muss, wie geht es weiter".

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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