Sozialprojekt im Landkreis Weilheim:Schäferwagen auf Herbergssuche

Lesezeit: 2 Min.

Im Schäferwagendorf können auch Familien ohne großes Einkommen einige Tage auf dem Land verbringen. (Foto: entdeckerdorf.de)

Ein Verein, der einkommensschwachen Familien Ferien auf dem Land ermöglicht, darf nicht an seinem bisherigen Platz in Rottenbuch bleiben. Die Wagen müssen nun für viel Geld per Tieflader transportiert werden - aber die brauchen erstmal ein Ziel.

Von Matthias Köpf, Rottenbuch

Die fünf Schäferwagen haben zwar große hölzerne Speichenräder, aber sie sind eigentlich nicht dafür gemacht, weit damit herumzufahren. Ganz im Gegenteil, sie sollen da bleiben, wo es ruhig und schön ist, damit dort Familien aus der Stadt, die sich so etwas sonst kaum leisten könnten, ein paar Tage Ferien auf dem Land machen können. Das oberbayerische Rottenbuch, ein 1800-Einwohner-Dorf im Landkreis Weilheim, wäre so ein ruhiger und schöner Ort, und immerhin für einen Sommer hatten die Schäferwagen und der Zirkuswagen mit der Gemeinschaftsküche dort einen Platz gefunden. Das war 2020, und die Ausnahmegenehmigung vom Landratsamt galt nur für dieses eine Jahr. Denn Räder hin oder her: Für so ein Wagendorf braucht es Baurecht, und das gab es nicht auf dieser Wiese am Rottenbucher Sportplatz. Schon seit Herbst 2020 standen die Wagen also ungenutzt dort am Parkplatz, und da sollen sie jetzt endlich weg, heißt es aus dem Rottenbucher Rathaus. Doch der Trägerverein des "Entdeckerdorfs" weiß nicht, wohin.

Dabei waren sich der Verein und die Gemeinde schon mal einig, dass das Entdeckerdorf auf Dauer ein Teil von Rottenbuch werden könnte. Doch noch ehe sich der Gemeinderat an den nötigen Bebauungsplan machen konnte, zerschlugen sich die Hoffnungen. Der vereinbarte Standort an der Ammermühle, einer ehemaligen Klinik, die inzwischen als Asylbewerberunterkunft dient, habe sich als ungeeignet erwiesen, sagt die Vereinsvorsitzende Pia Novak. Man hätte dort die fest an Bauern verpachteten Wiesen nicht nutzen dürfen.

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Das eigene Konzept sehe aber vor, dass sich die Stadtkinder möglichst frei in der Natur bewegen können. Die Gemeinde bot stattdessen kurzfristig die Wiese am Sportplatz an - übergangsweise und von Anfang an nur für ein Jahr, wie Bürgermeister Markus Bader betont. Er hält das Entdeckerdorf erklärtermaßen immer noch für "eine tolle Idee, ein tolles Konzept". Nach mehr als einem Jahr Stillstand hat die Gemeinde dem Verein wegen der Wagen am Sportplatz neulich trotzdem einen Brief geschrieben, nach Baders Worten war es nicht der erste. Pia Novak hat dieses Schreiben dann als eine Art Drohbrief aufgefasst: Wenn die Wagen nicht bis 4. Februar vom Gelände entfernt würden, dann werde die Gemeinde sie entsorgen, und zwar auf Kosten des Vereins.

Zum Fahren sind die Wagen nicht gemacht

Novak interpretiert das so, dass die Gemeinde das Eigentum des Vereins zerstören wolle, während Bürgermeister Bader beteuert, dass - "um Gottes willen" - niemand an so etwas denke. Nur müsse sich der Verein eben auch mal ganz praktisch um sein Eigentum kümmern und könne es nicht einfach stehen lassen, wo es eben gerade stehe. Dass das Entdeckerdorf am Sportplatz wieder den Betrieb aufnehmen könnte, hält Bader auch jenseits der abgelaufenen Ausnahmegenehmigung und der aktuellen Kommunikationsprobleme für ausgeschlossen. Dort passe es nicht mehr, die Gemeinde schaffe da gerade einen Lagerplatz für den Bauhof, und irgendwann werde es nach der Pandemie ja auch wieder mehr Betrieb am Sportplatz geben.

Also sollen die Schäferwagen weg. Doch zum Fahren sind sie eben nicht gemacht. Deswegen müssten sie für viel Geld per Tieflader transportiert werden, sagt Novak, die "Muck - das Entdeckerdorf" 2015 gegründet und etliche kleine und große Spender und Sponsoren dafür begeistert hat. So ein Umzug wäre auch nicht ganz neu für den gemeinnützigen Verein, denn für seine ersten drei Sommer von 2016 bis 2019 hatte das Entdeckerdorf in der Jugendsiedlung Hochland in Königsdorf im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen eine Bleibe gefunden, wo es sich laut Novak aber auf Dauer nicht mit dem Trubel der campenden Jugendgruppen vertrug. Die Hoffnung, auf einem Gut der Stadt München im Kreis Aichach-Friedberg unterzukommen, zerschlug sich damals, Rottenbuch schien die Rettung zu sein - bis neulich. Die Kosten für den offenbar unausweichlichen nächsten Umzug würde wohl eine Stiftung übernehmen, die den Verein schon bisher unterstützt. Doch der braucht zuerst noch ein bisschen Zeit - und die Tieflader ein Ziel.

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