Rottach-Egern:Bizarrer Preiskampf führt zu billigem Benzin am Tegernsee

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Durch den Konkurrenzkampf liegen die Preise in Rottach-Egern deutlich unter dem Niveau an anderen Tankstellen. (Foto: dpa-tmn)

Ausgerechnet im bayerischen Wohlstandsparadies kostet der Sprit weniger als bei allen anderen Tankstellen weit und breit. In Rottach kommt es deshalb zu Staus und obszönen Gesten.

Von Matthias Köpf, Rottach-Egern

Viele Ausflügler, die mit halb vollem Tank und wachem Blick durch Rottach-Egern fahren, trauen ihren Augen kaum. Ausgerechnet im premium-bayerischen Wohlstandsparadies am Südufer des Tegernsees kostet der Liter Diesel deutlich unter einem Euro, und der Liter Super zumindest nicht allzu viel mehr.

Wer an der einen Rottacher Tankstelle nicht schnell genug reagiert und auch 150 Meter weiter bei der anderen noch zögert, der muss sich spätestens nach einem knappen Kilometer im Süden von Tegernsee entschließen.

Danach hilft selbst alles Tippen auf der Spritpreis-App nichts mehr: Weiter nördlich kostet der Liter wieder so viel wie überall anders auch. Dafür gibt es dort keinen Stau vor den Zapfsäulen, wie er in Rottach öfter mal die ohnehin überlastete B 307 blockiert.

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Die Rottacher selbst haben sich an die lokale Benzinpreis-Anomalie längst gewöhnt, und irgendwie auch an die gelegentliche Blockade der Bundesstraße samt dem Parkplatz des benachbarten Supermarkts. Beschwerden gebe es nur vereinzelt, aber manchmal komme es schon zu irritierenden Szenen, sagt Bürgermeister Christian Köck (CSU). Da wird dann gehupt und geschimpft, es werden Vögel gezeigt oder Finger - und das alles nur, weil es an der einen Tankstelle um noch einen Cent billiger ist als an der anderen.

Aber da müsste so ein Tank schon recht groß sein, damit sich das Staustehen oder gar die Anfahrt von auswärts wirklich rentieren würde, rechnet der Bürgermeister vor - von all dem Ärger mal abgesehen. Warum der Sprit jetzt ausgerechnet in seiner Gemeinde so billig ist, dass die Rottacher Tankstellen damit beim Diesel sogar zuweilen die erste österreichische Tanke drüben hinterm Achenpass unterbieten, das konnte Bürgermeister Köck bisher nicht ergründen.

Der Liter Super kostet neun Cent weniger

Der Preiskampf tobt, seit zu Beginn des vergangenen Jahres eine eher discountorientierte Tankstellenkette die frühere OMV-Station übernommen hat. Die ebenfalls neue Pächterfamilie hatte bis dato die andere Tankstelle im Ort gepachtet, während an dieser seither der einstige OMV-Pächter die Geschäfte führt.

Seit dieser Rochade setzt der eine den anderen und auch die Konkurrenz in Tegernsee-Süd unter Druck. Der Pächter des Preisbrechers weiß nach eigener Auskunft allerdings auch nicht genau, warum es meistens bei ihm das billigste Benzin weit und breit gibt. Die Preise an den einzelnen Stationen würden in der Konzernzentrale festgelegt, wie bei allen anderen Tankstellenketten auch. Und die Zentrale in Hamburg richte sich wohl nach den Konkurrenten in der jeweiligen Umgebung.

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Beim lokalen Konkurrenten tut auch dessen Zentrale offenbar ihr Möglichstes, und Möglichkeiten scheint es zu geben. Denn der Pächter betreibt noch eine weitere Tankstelle der gleichen Marke in Miesbach. Dort verlangte er am Freitagabend für einen Liter Diesel fünf Cent und für einen Liter Super neun Cent mehr als in Rottach-Egern.

Doch für die meisten Tankstellen ist am Benzin sowieso weniger verdient als an dem, was es dort sonst noch zu kaufen gibt. Der Bürgermeister von Rottach-Egern macht sich da jedenfalls keine Sorgen: "Leben können müssten sie alle gut."

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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