Wanderer und Bergsteiger schätzen die kleine Mautstraße, die im Süden des oberbayerischen Tegernsees von Enterrottach in die Valepp führt. Denn auf ihr können sie gegen eine kleine Gebühr mit dem Auto direkt zum Ausgangspunkt ihrer Tour fahren. Dadurch sparen sie sich einen mühevollen Hatscher und sind unabhängig von den paar öffentlichen Bussen am Tag, die ebenfalls die Mautstraße bedienen. Naturschützer wie Axel Doering dagegen fordern die Schließung der Mautstraße für den motorisierten Individualverkehr. "Auf ihr kommen Autofahrer in abgelegene Ruheräume für seltene Tier- und Pflanzenarten", sagt der ehemalige Förster und Alpen-Experte des Bundes Naturschutz (BN). "Das erhöht den Druck auf die Bergwelt ganz immens." Und zwar vor allem auf dem ersten Abschnitt der Mautstraße bis zur Monialm: Auf ihm sind schon vor 20 Jahren um die 40 000 Pkw und knapp tausend Motorräder gezählt worden.
Vom Oberallgäu im Südwesten bis ins Berchtesgadener Land ganz im Südosten sind es alles in allem 18 Bergstraßen, die der Bund Naturschutz am liebsten von heute auf morgen für den allgemeinen Autoverkehr dichtmachen würde. Darunter sind winzig kleine Sträßchen auf Almen oder Alpen, wie die vom ebenfalls oberbayerischen Sudelfeld hinauf zu den Berggasthöfen an der Walleralm, auf denen eher wenig los ist. Es ist aber auch die Spitzingstraße darunter, die hinter dem Schlierseer Ortsteil Neuhaus abzweigt. Auf ihr fahren an schönen Tagen oft Tausende Ausflügler ins Spitzing-Gebiet hinauf, im Sommer zum Wandern, im Winter zu Skifahren und Skitourengehen. Die Spitzingstraße ist von früh morgens bis spät abends derart frequentiert, dass sie aus Sicht vieler Einheimischer das Paradebeispiel für den Overtourismus in ihrer Region ist.
Auch der BN klagt über die "Blechkarawanen" und die "ausufernden Parkplätze" in den bayerischen Bergen. "Anstatt die Zufahrtsstraßen und die Parkplätze am Ende der Täler immer weiter auszubauen, sollten kleine Straßen, die weit in die Bergwelt hineinführen, für den öffentlichen Autoverkehr gesperrt werden", verlangt Doering. "Dafür sollten Staatsregierung und Gemeinden den Busverkehr und den Fahrradverleih stärken." Nach Einschätzung des BN würden viele Menschen solche Sperrungen begrüßen. Und zwar nicht nur, weil sie ein Gewinn für die Natur und die Umwelt wären, sondern auch für die Ausflügler.
Auch dafür gibt es das eine oder andere Beispiel. So führt vom Spitzingsee aus eine kleine Bergstraße hinunter in die Valepp. Sie war bis Mitte der Achtzigerjahre ebenfalls eine Mautstraße, laut BN waren zuletzt um die 80 000 Pkw pro Jahr auf ihr unterwegs. Dann wurde es dem damaligen Forstamt zu viel. Die Behörde beantragte die Schließung der Mautstraße für den Individualverkehr. Seither sind auf ihr nur noch Linienbusse und die Fahrzeuge von Förstern, Waldarbeitern und Almbauern unterwegs. Und natürlich jede Menge Ausflügler und Mountainbiker. Sogar die Wanderer haben die Sperrung längst akzeptiert. Und das, obwohl sie einen richtig langen Hatscher in Kauf nehmen müssen, wenn sie zum Beispiel über den Pfanngraben auf die Rotwand gehen wollen.