Rotes Kreuz:BRK-Präsident fordert Begrenzung der Flüchtlingszahlen

Landesversammlung des Bayerischen Roten Kreuz

Theo Zellner erhält - wenn er am Redepult steht - meist Zuspruch. Bei der BRK-Landesversammlung in Schrobenhausen stieß er auf Kritik.

(Foto: Angelika Warmuth/BRK)

Theo Zellner liefert der CSU mit seiner Forderung eine politische Steilvorlage - und löst bei anderen Rot-Kreuz-Mitgliedern Empörung aus.

Von Dietrich Mittler, Schrobenhausen

Nach Jahren der Sanierungsdebatten wollte sich das Bayerische Rote Kreuz (BRK) auf seiner Landesversammlung in Schrobenhausen endlich wieder feiern - für seine leistungsfähigen Sanitätseinheiten beim G 7-Gipfel in Elmau sowie für die vielen BRK-Helfer, ohne die die Versorgung der Flüchtlinge an Bayerns Grenzen längst im Chaos geendet hätte. Und BRK-Präsident Theo Zellner hatte erneut seine Forderungen parat, die er bereits seit Wochen immer wieder vorbringt: Gleichstellung der BRK-Helfer mit den Feuerwehren und Kräften des Technischen Hilfswerks, damit diese für ehrenamtliche humanitäre Einsätze nicht auch noch durch Lohneinbußen draufzahlen. Und die Entlastung ehrenamtlicher Helfer bei der Flüchtlingsarbeit durch hauptamtliche Kräfte, die der Staat finanzieren soll.

Doch zunächst kam alles anders: "Bete für Paris", stand am Samstag auf englisch auf einer großen Leinwand, und Zellner bat die gut 340 Delegierten zu einer Gedenkminute für die Anschlagsopfer in der französischen Hauptstadt. Dann plötzlich, kurz nach 15 Uhr, dieser Zwischenfall: Florian Hofmann, ein Delegierter des Jugendrotkreuzes, griff zum Mikrofon und sagte: "Das einzige politische Signal, das ich heute mehrmals gehört habe, war die Begrenzung der Flüchtlingszahlen." Das sei "befremdlich", ja "beschämend".

Die Worte des 32-Jährigen richteten sich an Zellner, der die Landesversammlung dazu genutzt hatte, eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen zu fordern - so wie es die CSU, Zellners Partei, derzeit vehement in Berlin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel vorträgt. Zellner, der seinen eigenen Worten nach von CSU-Größen wie Ministerpräsident Horst Seehofer vor gut zwei Jahren gefragt worden war, ob es sich denn nicht als BRK-Präsident zur Wahl stellen wolle, richtete seine Kritik ebenfalls an Merkel. Wenn die Politik "zu Hunderttausenden einlädt", und das ohne ein Konzept zur Steuerung "der Flüchtlingsströme", so könne er nur den Kopf schütteln.

Was die Vizepräsidenten an Zellner stört

Zellners politische Aussagen störten offenbar nicht nur das Jugendrotkreuz, sondern auch die BRK-Vizepräsidenten Brigitte Meyer und Paul Wengert. Und das aus gutem Grund: Die Äußerungen des Präsidenten stellen einen Verstoß gegen die sieben Grundsätze dar, die den "Wertekatalog" der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung bilden, 1965 beschlossen in Wien.

In diesen Grundsätzen wird ausdrücklich "Unparteilichkeit", "Unabhängigkeit" und "Neutralität" eingefordert. Und so kam es bereits kurz nach Zellners Redebeitrag auf dem Podium zu einer diskreten Diskussion zwischen dem BRK-Präsidenten und seinen Stellvertretern, die den Gesten nach allerdings sehr emotional geführt wurde. Unbestätigten Quellen zufolge hatte der SPD-Landtagsabgeordnete Wengert Theo Zellner bereits vor der Landesversammlung eindringlich gebeten, politische Äußerungen in offiziellen BRK-Statements zu unterlassen.

Zellner lässt sich nicht stoppen

Zellner ließ sich dadurch aber nicht aufhalten. "Ohne Begrenzung der Flüchtlingsströme nach Deutschland", so sagte er, stoße "auch die humanitäre Hilfe der Ehrenamtlichen an ihre Grenzen". Und: Die ungeregelten Zustände müssten beendet werden, "damit wir auch künftig helfen können", forderte Zellner. Er betonte dabei immerhin, dass dies keine Drohung sei, sich aus der Flüchtlingshilfe zurückzuziehen.

Aber wenn die Bundesregierung "diese Zahlen will" und sich nicht dazu durchringe, "dass man irgendwo über Kontingente spricht, die für unser Land schaffbar sind", dann könne sie sich "auf Dauer nicht auf den ehrenamtlichen Einsatz verlassen", setzte er umgehend drauf. Und noch etwas könne dem Roten Kreuz nicht egal sein: "40 Prozent derjenigen, die in unser Land kommen, sind im Augenblick nicht registriert", betonte Zellner, "und dann sage ich auch im Sinne des Roten Kreuzes, hier muss die Rechtsstaatlichkeit wieder auf die Beine gestellt werden."

Innenminister Joachim Herrmann (CSU), von Zellner als "unser Rotkreuz-Minister" begrüßt, lobte den Präsidenten sogleich für seine politische Steilvorlage: "Ich bin dankbar, lieber Theo Zellner, dass du das so klar angesprochen hast. Wir müssen zu einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen kommen."

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