Autobahnen im Kreis RosenheimSo lief das erste Wochenende mit Abfahrverbot

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Eine Informationstafel über der A8 weist vor dem Inntal-Dreieck den Verkehr auf Durchfahrtsverbote auf Nebenstrecken bei Stau hin.
Eine Informationstafel über der A8 weist vor dem Inntal-Dreieck den Verkehr auf Durchfahrtsverbote auf Nebenstrecken bei Stau hin. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Seit vergangenem Wochenende müssen Reisende in der Region Rosenheim bei Stau auf der Autobahn bleiben. Wie viele Fahrer haben trotzdem probiert abzufahren? Muss man wirklich gleich 50 Euro Strafe zahlen? Und: Können die Dörfer jetzt endlich aufatmen?Ein Rundruf.

Von Matthias Köpf, Rosenheim

Irgendetwas ist immer auf der A8 zwischen dem Chiemsee und dem Irschenberg oder auf der A93 vom Inntaldreick Richtung Tirol, Brenner und Italien. Über die A8 bei Frasdorf fahren an einem durchschnittlichen Tag 60 000 bis 70 000 Fahrzeuge, wobei es speziell zu Ferienzeiten und an den Wochenenden sehr viel mehr sind als an gewöhnlichen Werktagen. Bei nur zwei Fahrspuren pro Richtung ohne jeden Standstreifen stockt und staut sich der Verkehr dort schon bei der geringsten Panne, und so war es auch am vergangenen langen Wochenende wieder einmal. Doch an diesen drei Tagen durfte sich der Durchgangsverkehr im Raum Rosenheim bei Stau erstmals keine vermeintlich besseren Ausweichrouten suchen, sondern musste auf der Autobahn bleiben.

Genau 258 Fahrzeuge hat die Polizei nach Angaben ihres Rosenheimer Präsidiums von Freitag bis Sonntag an mehreren Orten entlang der beiden Autobahnen kontrolliert. 106 Fahrer hat sie demnach noch rechtzeitig nach den Ausfahrten auf die neuen Durchfahrtverbote in den Orten hingewiesen und gleich wieder auf die Autobahn zurückgeschickt. 79 weitere hatten die an den Tagen zuvor aufgestellten Verbotsschilder bereits passiert und wurden wegen einer Ordnungswidrigkeit verwarnt – laut Präsidium eher präventiv, ganz überwiegend mündlich und noch ohne das drohende Bußgeld von 50 Euro. In den Ortschaften entlang der Autobahnen herrscht fürs Erste vorsichtige Erleichterung.

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Ruhig sei es gewesen, fasst etwa der Geschäftsleiter im Frasdorfer Rathaus, Andreas Oppacher, die Lage zusammen – „und mehr wollten wir ja gar nicht“. In dem 3000-Einwohner-Ort war der Ausweichverkehr schon lange ein Thema. Als vor einigen Monaten eine der beiden Spuren der A8 gesperrt wurde, weil die nahe Autobahnbrücke über den Fluss Prien notdürftig geflickt werden musste, waren die Hauptstraße durch Frasdorf und auch die kleinen Siedlungsstraßen an den Ortsrändern endgültig mit den Autos von Ausflüglern, Urlaubern und anderen Reisenden blockiert. Also mit den Fahrzeugen von Menschen, die eigentlich überall hinwollten, nur nicht nach Frasdorf.

Auch unter diesem Eindruck hatte der neue parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Ulrich Lange (CSU), überraschend die zuvor eher desinteressierte bis ablehnende Haltung seines Hauses revidiert und dem Rosenheimer Landratsamt Straßensperrungen für den Durchgangsverkehr zugestanden. Diese Sperren gelten seit dem Wochenende jeweils von Freitag bis Sonntag und an allen Feiertagen – und nur bei Stau auf der Autobahn.

Was genau als Stau gilt, ist allerdings weder in der neuen Rosenheimer Verordnung noch sonstwo endgültig geregelt. Die Polizei behilft sich nach Angaben des Rosenheimer Präsidiums mit einer Definition des Autofahrerklubs ADAC. Demnach müssen für einen Stau mehrere Autos auf mindestens einem Kilometer Länge für mindestens fünf Minuten mit einem Schnitt von weniger als 20 Kilometern pro Stunde unterwegs sein. Dies war laut Polizei am Wochenende auf der A8 vor allem auf der Höhe von Rosenheim und Bad Aibling mehrmals der Fall.

Beamte der Verkehrspolizei Rosenheim und der Autobahnpolizei in Raubling hätten dann stichprobenartig die Durchfahrtverbote auf den betreffenden Staats- und Kreisstraßen durch die Ortschaften kontrolliert – sofern sie keine wichtigeren und dringenderen Einsätze hatten. Denn die Polizei hat diese Kontrollen nach eigenen Angaben im üblichen Dienstbetrieb ohne zusätzliches Personal oder Extraschichten organisiert. Im Zweifel sind die Beamten eher bei dem Unfall auf der Autobahn gefordert, der den Stau überhaupt verursacht, als bei der folgenden Kontrolle der Stauvermeider.

Die Sperrungen gelten an acht Ausfahrten der A8 und an zwei Ausfahrten der A93

Und so ist es etwa bei Pfraundorf in der Gemeinde Raubling am Sonntag um die Mittagszeit offenbar doch wieder zu Problemen mit abfahrendem Durchgangsverkehr gekommen. Ein Unfall kurz vor dem Inntaldreieck bremste nach Angaben aus dem Raublinger Rathaus den Verkehr auf der A93 aus – mit den gewohnten Folgen für die Dörfer ringsum. Grundsätzlich sei die Lage rund um Raubling am vergangenen Wochenende aber sehr viel besser gewesen als etwa noch in den Pfingstferien, in denen die Urlauber freilich geballter unterwegs sind als in den langen Sommerferien.

An Hinweisen auf die Verbote hat es nicht gemangelt – weder als Medienmeldungen noch in Form von Verkehrsschildern. Auch die Autobahngesellschaft des Bundes hatte an den Ausfahrten entsprechende Hinweistafeln aufgestellt und elektronische Anzeigen eingeblendet. Von diesen Hinweisen solle es in den kommenden Wochen noch mehr geben, kündigte ein Sprecher an. Die Autobahngesellschaft sorgt sich demnach vor allem um die Situation an den Abfahrten. Für eventuelle Wendemanöver von Lkw oder Wohnwagengespannen von der Abfahrt direkt wieder zur Auffahrt seien diese eigentlich nicht ausgelegt. Von gescheiterten Wenden oder davon, dass sich gar einzelne Fahrer im Rückwärtsgang wieder auf die Autobahn begeben hätten, wurde an den vergangenen Tagen allerdings nichts bekannt.

Das Rosenheimer Landratsamt, das zusammen mit der Stadt Rosenheim die Verbote erlassen hatte, hat sich bis zum Montagnachmittag einen ersten Überblick verschafft. Landrat Otto Lederer (CSU) zog danach „ein positives Zwischenfazit“ und sprach von einer „deutlichen Verbesserung in den Ortschaften“. Die Verkehrsteilnehmer hätten „in überwiegender Mehrheit großes Verständnis für unsere Maßnahmen gezeigt“.

Die Sperrungen gelten vorerst an acht Ausfahrten der A8 und an zwei Ausfahrten der A93. Entlastet werden sollen neben Frasdorf und Raubling beispielsweise auch Aschau im Chiemgau, Bad Aibling, Bad Feilnbach, Rohrdorf, Samerberg und Rosenheim selbst.

Darüber hinaus berührt die Regelung aber auch die grundsätzliche Frage, wann wer wo und warum mit dem Auto fahren darf oder eben nicht. Denn auch die Anwohner selbst sind recht gerne im Auto unterwegs. Sie suchen sich bei Bedarf neue Routen durch die Region – und wer überhaupt nie auf die Autobahn aufgefahren ist, kann auch bei Stau nicht auf ihr bleiben. Um rein formal nicht zum Durchgangsverkehr zu zählen, reicht zudem schon ein kleines Etappenziel abseits der Autobahn – und sei es zum Tanken, Austreten oder Spazierengehen.

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