Rosenheim:Linksautonome dürfen nicht nach Köln

Von Johann Osel, Rosenheim

Mehr als ein Dutzend Linksautonome in und um Rosenheim haben für diesen Freitag und Samstag eine Art behördliches Reise-Verbot erhalten - wegen der Angst, dass sie in Köln bei Protesten gegen den AfD-Parteitag Krawall treiben. Offenbar auf Anraten der Polizei wurden Meldeauflagen durch die Ordnungsämter zugestellt. Das bedeutet, dass sie sich "zu festgelegten Zeiten bei der Polizei zu melden haben", wie es in einem Brief des Landratsamts Rosenheim heißt. Das Schreiben liegt der SZ vor. Ziel sei es, die Reise nach Köln und "Ihre mögliche Beteiligung an Auseinandersetzungen (...) sowie Gewalttätigkeiten im Vorfeld zu verhindern". Zehn Betroffene wollen sich noch juristisch dagegen wehren. Ihr Anwalt Mathes Breuer sieht eine "völlig unzumutbare Einschränkung der Versammlungsfreiheit". In Köln werden 50 000 Demonstranten erwartet, überwiegend friedlich; Sorgen bereiten der Polizei aber Aufrufe von Linksextremisten, den Parteitag mit Gewalt zu verhindern.

Der Angeschriebene habe sich durch die Teilnahme an einem "Demonstrationstraining" als möglicher Gefährder entpuppt, heißt es in einem weiteren Schreiben. Bei dem "Training" Anfang April im Stadtteil Fürstätt hatte die Polizei eine Razzia abgehalten. Ein Polizeisprecher sagt: "Das war kein Training für ein friedliches Verhalten. Es wurde trainiert, wie man Polizeiketten umgeht und gegen Polizisten vorgeht, ohne Rücksicht auf Verluste." Anwalt Breuer sagt: "Es ging um friedliche Sitzblockaden, nicht um Angriffe. Es ging auch um rechtliches Know-how, was auf Demos erlaubt ist und was nicht." In einer Mitteilung der Infogruppe Rosenheim, in der Linksautonome vernetzt sind, heißt es: Die Kommunen zeigten sich "als Erfüllungsgehilfen des politisch motivierten Vorgehens der Polizei".

Auch in Traunstein und im Berchtesgadener Land gab es demnach Auflagen. Vergleichbare Fälle in anderen deutschen Bundesländern seien nicht bekannt. Häufig gibt es Meldeauflagen etwa gegen Hooligans vor Fußballspielen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Maßnahme bestätigt - für Personen, "die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als gewaltbereit einzustufen sind". Die Infogruppe Rosenheim fordert eine "anarcho-kommunistische Gesellschaft und die Zerschlagung aller Staatlichkeit". Beobachter der lokalen Szene raten aber, deren Dimension nicht zu überschätzen.

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