Süddeutsche Zeitung

Rezeptfrei:Ministerin äußert Bedenken zur "Pille danach"

  • Bundesweite Erhebungen lassen seit dem Wegfall der Verschreibungspflicht auf stark gestiegene Verkaufszahlen schließen.
  • Kritiker äußern Bedenken, dass die Beratung in den Apotheken nicht ausreichend sei.
  • Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnt vor negativen Folgen durch mögliche Nebenwirkungen.

Von Dietrich Mittler

Seit gut einem Jahr können Frauen die "Pille danach" rezeptfrei erwerben, aber Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hält an ihren Bedenken fest - zumal der Berufsverband der Frauenärzte Deutschlands nun erneut vor einer nicht ausreichenden Beratung in den Apotheken warnt.

Diese Bedenken nehme sie sehr ernst, betonte die Ministerin. Im April werde sie "das Gespräch mit den Apothekern in Bayern suchen", teilte das Gesundheitsministerium mit.

"Die Pille danach ist keine harmlose Halsschmerztablette, sondern ein starkes Medikament. Ich appelliere an die Apotheker, ihrer Verantwortung nachzukommen", sagte die Ministerin. Mit dem Wegfall der Verschreibungspflicht hätten diese "eine große Verantwortung übernommen".

Kauf auf Vorrat

Aktuelle Zahlen zum Verkauf des Medikaments in Bayern liegen indes weder dem Gesundheitsministerium vor, noch der Bayerischen Landesapothekerkammer. Bundesweite Erhebungen lassen aber auf stark gestiegene Verkaufszahlen schließen: Der Absatz lag seit dem Sommer 2015 ziemlich konstant bei etwa 60 000 Einheiten im Monat.

Ärzte wollen beobachtet haben, dass immer wieder auch Mütter das Notfallverhütungsmittel kauften, um es für ihre jugendlichen Töchter vorrätig zu haben. Die Einnahme der Pille danach sei aber, falls eine Frau bereits unbemerkt schwanger sei, ein Risiko für das im Leib heranwachsende Kind.

Auch für die Frauen selbst könne ein sorgloser Umgang mit der Pille danach aufgrund möglicher Nebenwirkungen negative Folgen haben: "Das geht über Übelkeit und Blutungen bis hin zu Zyklusstörungen", warnte Huml.

"Kein harmloses Medikament"

Der Bayreuther Frauenarzt Peter Hausser - er ist Landesvorsitzender des Berufsverbands der Frauenärzte in Bayern - wollte sich am Montag zu den Vorwürfen des Bundesverbands nicht äußern.

Anders die Bayerische Landesärztekammer: "Die Pille danach ist ein Notfallmedikament und ersetzt nicht eine Verhütung und eine Empfängnisregelung", sagte Kammerpräsident Max Kaplan. Sie sei "eine einmalige hoch dosierte Hormongabe, kein harmloses Medikament".

Nebenwirkungen müssten deshalb durch einen Arzt abgeklärt werden. "Ob eine Beratung in einer Apotheke am Nacht- und Notdienstschalter stattfinden kann, ist zu hinterfragen", sagte Kaplan. Die Landesapothekerkammer verweist auf bestehende Handlungsempfehlungen zur Abgabe des Notfallverhütungsmittels. Eine Beratung der Frauen finde sehr wohl statt.

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SZ vom 22.03.2016/mkro
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