Rentnerin gegen CSU:"Das war ein Einschüchterungsversuch"

Johanna Holm CSU

Johanna Holm war früher Kreisvorsitzende der CSU-Frauenunion in Augsburg. 2011 verließ sie die Partei. Jetzt schrieb sie einen kritischen Leserbrief.

(Foto: Stefan Puchner)

Nach einem kritischen Leserbrief wollten zwei Augsburger CSU-Politiker sie zum Widerruf zwingen. Nun erklärt Rentnerin Johanna Holm, warum sie sich nicht einschüchtern lässt und was die CSU künftig von ihr zu befürchten hat.

Von Stefan Mayr

Johanna Holm, 68, ist eine fleißige Leserbrief-Schreiberin. Mit einem ihrer Beiträge in der Augsburger Allgemeinen ist sie nun bundesweit bekannt geworden. Die CSU-Politiker Bernd Kränzle und Rolf von Hohenhau wollten sie per Abmahnung zum Widerruf einer kritischen Meinungsäußerung zwingen. Doch statt klein beizugeben, ging sie an die Presse. Aufgrund des öffentlichen Drucks nahmen die CSU-Männer ihre Abmahnung zurück, seitdem wird die Augsburger Witwe deutschlandweit als mutige Verteidigerin der Presse- und Meinungsfreiheit gefeiert. Die Süddeutsche Zeitung sprach mit ihr.

SZ: Hallo Frau Holm, wie fühlt man sich als Rentnerin, die zwei mächtige Goliaths mitsamt ihren Juristen in die Knie gezwungen hat?

Johanna Holm: Ach, wissen Sie, mich zieht es ja eigentlich nicht in die Öffentlichkeit. Ich bin eine fröhliche alte Oma, das passt gar nicht zu mir. Als ich das Bild von mir in der Zeitung gesehen habe, bin ich richtig erschrocken. Bei mir haben bestimmt 100 Leute angerufen, manche haben geweint und erzählt, dass sie nie mehr ein Drittes Reich erleben wollen. Ich hab mich gefühlt wie eine Mischung aus Mutter Teresa und Evita Perón. Ich sage allen Bürgern, dass sie sich in solchen Fällen unbedingt wehren müssen, die Presse- und Meinungsfreiheit ist heilig.

Sie waren jahrelang CSU-Mitglied und kennen die Herren persönlich. Was sagen Sie nachträglich zu deren Vorgehen?

Das war hundertprozentig ein Einschüchterungsversuch, damit ich künftig meinen Mund halte. Ich halte das für menschenverachtend, so was sollte sich im christlichen Bereich nicht festsetzen. Aber ich sag' Ihnen gleich, die können sich auf weitere pfiffige Leserbriefe einstellen. Wenn die mich arg ärgern, können sie sich warm anziehen.

Nun hat sich auch Parteichef Horst Seehofer eingeschaltet und die zwei Herren scharf kritisiert.

Wirklich? Mei, ich hab heute noch gar keine Zeitung gelesen, ich musste mich schminken, weil das Fernsehen da war. Der Seehofer hat denen bestimmt einen Anschiss verpasst, dass es geraucht hat.

Er sagte, er werde sich um den Fall kümmern. Was empfehlen Sie der CSU?

Empfehlen kann ich gar nichts. Aber als Bürgerin wünsche ich mir, dass Herr von Hohenhau seinen Hut nimmt und nicht mehr für den Stadtrat antritt. In seiner öffentlichen Entschuldigung hat er ja nur geschrieben, dass ihm die "große Entrüstung" leid tue. Aber bei mir persönlich hat er sich immer noch nicht entschuldigt - im Gegensatz zu Herrn Kränzle. Ich glaube, König Willem-Alexander und seine Máxima sind volksnäher als der Herr Hohenhau. So, mit dieser Retourkutsche muss er jetzt leben, hoffentlich kommt keine neue Abmahnung.

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