Rente mit 67:Unionspolitiker kritisieren Seehofer

"Unverantwortlich": Für seine Vetodrohung gegen die Rente mit 67 erntet CSU-Chef Horst Seehofer massiven Widerspruch aus den eigenen Reihen. Nun geht er in die Offensive.

CSU-Chef Horst Seehofer erntet mit seiner Drohung, sich gegen die Rente mit 67 zu stellen, Widerspruch aus den eigenen Reihen. "Die Rente mit 67 steht nicht zur Disposition", sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich im Deutschlandfunk. "Ich weiß nicht, was Horst Seehofer da gesagt hat."

Bayerischer Landtag

Gegenwind aus der Union: Nachdem Horst Seehofer mit einem Veto gegen die Rente mit 67 gedroht hat, kommt nun massive Kritik aus den eigenen Reihen.

(Foto: dapd)

Die Rente mit 67 sei gemacht worden, um das Rentensystem für die Zukunft zu sichern. Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, es sei "unverantwortlich, die Rente ab 67 in Frage zu stellen". Eine längere Lebensarbeitszeit sei "notwendig und unumgänglich". An der Rente mit 67 dürfe deshalb "nicht gerüttelt werden".

Auch der Vorsitzende der Jungen Union in Bayern, Stefan Müller, forderte ein Festhalten an der geplanten Erhöhung des Renteneintrittsalters. Ihm fehle "jedes Verständnis für Seehofers Forderung", sagte Müller.

"Ich kann die Debatte absolut nicht verstehen", sagte auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs. "Dies infrage zu stellen, ist sozialpolitisch, arbeitsmarktpolitisch, wirtschaftspolitisch und gesellschaftspolitisch völlig falsch", kritisierte auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Joachim Pfeiffer.

Merkel verteidigt Rente mit 67

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versucht, den unionsinternen Streit um den CSU-Chef zu entschärfen. "Die Bundeskanzlerin weiß, dass Horst Seehofer und sie genau das Gleiche wollen, nämlich dass mehr und mehr (...) Menschen über 55 ihre volle Arbeitskraft im Beruf auch tatsächlich zeigen können", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Merkel teile Seehofers Sorge, dass bei der Beschäftigung Älterer noch mehr getan werden müsse. "Aber das ist für sie kein Grund, die Rente mit 67 zur Disposition zu stellen."

Seehofer hatte am Dienstag vor dem Hintergrund der Debatte um die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften betont: "Wenn die deutsche Wirtschaft nicht endlich beginnt, für die über 50-Jährigen die Beschäftigungschancen signifikant zu verbessern, dann macht die Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf das 67. Lebensjahr keinen Sinn." Denn dann bedeute dieser Schritt "für die ältere Bevölkerung nichts anderes als eine Rentenkürzung". In diesem Fall werde er den bisherigen "Konsens" beim Thema Rente mit 67 "aufkündigen", drohte Seehofer.

An diesem Mittwoch bekräftige Seehofer seine angedrohte Ablehnung der Rente mit 67. "Das ist ein Signal an die Wirtschaft, deutlich stärkere Anstrengungen zu unternehmen", sagte Seehofer er. Der CSU-Chef verwies darauf, dass die Einführung der Rente mit 67 von jeher an Bedingungen geknüpft war - bessere Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer. "Ich vertrete das, was wir beschlossen haben, ohne Wenn und Aber."

Rückendeckung erhielt Seehofer von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der die Debatte um die Rente mit 67 mit der Zuwanderungsdiskussion verband. Demnach würde ein Punktesystem für mehr Zuwanderung nach Deutschland würde die Rente mit 67 gefährden, sagte er laut Mitteilung.

Denn die Einführung der Rente mit 67 sei an die Beschäftigungschancen der älteren Arbeitsuchenden in Deutschland gekoppelt, "und die würden durch ein Punktesystem für mehr Zuwanderung drastisch verschlechtert werden". Das geltende Zuwanderungsrecht mit seinem Vorrangprinzip verpflichte die Arbeitgeber, zuerst auf dem deutschen Arbeitsmarkt nach Bewerbern zu suchen, daran müsse sich die Wirtschaft auch weiter halten. Bei einer Größenordnung von 900.000 Arbeitslosen in Deutschland mit 50 Jahren und mehr würde ein Punktesystem massive Konkurrenz von Jüngeren und billigeren Arbeitskräften bedeuten. "Wer die Rente mit 67 will, muss am Vorrangprinzip festhalten", sagte Dobrindt.

CSU-Landesgruppe irritiert über Seehofer

Unterdessen bemüht sich die CSU-Landesgruppe im Bundestag in der Debatte um Schadensbegrenzung: "Fachkräfte, wo immer auf der Welt, sind willkommen", betonte Landesgruppenchef Friedrich im Deutschlandfunk.

Seehofers Forderung nach einem Zuwanderungsstopp sei falsch verstanden worden. "Das hat er so weder gesagt noch gemeint." Der CSU-Vorsitzende hatte vor anderthalb Wochen in einem Focus- Interview erklärt: "Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun." Daraus ziehe er den Schluss, "dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen".

Friedrich betonte hingegen, für "diejenigen, die wir hier brauchen" sei das Land offen. Dafür gebe es auch entsprechende Regelungen. "Und Horst Seehofer hat gesagt, über die Regelungen hinaus, die wir haben, brauchen wir keine neuen - und da hat er Recht." In diesem Zusammenhang wandte sich der CSU-Landesgruppenchef auch gegen ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild. Das Punktesystem sei zu grob und deshalb auch in Kanada umstritten.

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