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Nürnberg:Anzeige nach Neonazi-Fackelmarsch auf Reichsparteitagsgelände

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Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Ein Fackelzug von Neonazis auf dem ehemaligen NS-Reichsparteitagsgelände in Nürnberg wird womöglich juristische Folgen haben. Wegen des Verdachts auf Volksverhetzung hat Sebastian Hansen, Landessprecher der Grünen Jugend, Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg gestellt. Hansen sieht sowohl in dem Aufmarsch als auch in der Veröffentlichung des Videos eine Verherrlichung der Nazi-Herrschaft. Die Staatsanwaltschaft prüfe nun, ob ein strafrechtlich relevanter Tatbestand vorliege, sagte Staatsanwalt Philip Engl. Man stehe in Kontakt mit der Kriminalpolizei, nach Sichtung des gesamten Materials werde man entscheiden. Verstöße gegen das Versammlungsrecht seien zunächst nur Ordnungswidrigkeiten.

In einem Video ist zu sehen, wie sich 18 Rechtsextremisten zunächst vor einem Asylbewerberheim in der Nähe der Zeppelintribüne sammeln. Der Fortlauf der Bilder des etwa zehnminütigen Videos suggeriert, dass die Gruppe danach zu der Tribüne gezogen ist und sich dort mit Fackeln inszeniert hat. Nach Angaben von Nürnbergs Ordnungsamtschef Robert Pollack hat die Stadt bereits ein Bußgeldverfahren gegen die Organisatoren des Aufmarsches eingeleitet. Die Versammlung auf dem Gelände sei nicht angemeldet gewesen.

Nürnbergs OB Ulrich Maly verurteilte den Aufmarsch scharf. Dieser sei widerlich und inakzeptabel, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dass mit solchen Symbolen an solchen Orten gearbeitet werde, sei eine Erscheinung, die alarmieren müsse: "In ganz Deutschland und natürlich speziell auch in Nürnberg", sagte Maly. Auch der Vorsitzende der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, Stephan Doll, zeigte sich verstört. Es seien "schaurige Bilder", die in dem nun aufgetauchten Video zu sehen seien, sagte Doll im SZ-Gespräch. Man fühle sich dabei in sehr dunkle Zeiten zurückversetzt.

In einer Erklärung verwahrt sich die Polizei gegen Vorwürfe, sie habe die überregionalen Aktivisten der NPD und sogenannte Wodans-Erben Germanien am 23. Februar "einfach durchgewunken", wie das Bündnis Nazistopp nahelegt. Vielmehr habe man die Personen vor dem Flüchtlingsheim überprüft, Fotos von ihnen gemacht und Platzverweise ausgesprochen. Dabei sei eine Person identifiziert worden, der das Zeigen des Hitlergrußes zur Last gelegt wird. Letztendlich sei dann aber der Fortgang des Geschehens "nicht ausreichend erkannt" worden. Dies sei "bedauerlich".

Das Geschehen auf dem NS-Areal dauerte nur wenige Minuten, das Video sei mit dem Lied "Deutschland, Deutschland über alles" hinterlegt worden, ergänzte eine Polizeisprecherin. Eine permanente Kontrolle sei dort schwer sicherzustellen. Als Kriminalitätsschwerpunkt ist das Areal bislang nicht bekannt.

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Quelle:
SZ vom 27.02.2019
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