Bayern ist ein wohlgeordnetes Land, in dem man auf alle Fragen eine Antwort bekommt. Am Tag aber, als in der Marktgemeinde Feucht beim Abriss eines Hauses zwei Zugwaggons zum Vorschein gekommen sind, da ist das anders. Anruf bei der Gemeinde. Verzeihung, in ihrem Ort stehen Reichsbahnwaggons auf einer Baustelle. Antwort: Bitte, was? Nachfrage beim Landratsamt, die sind auch zuständig für Bauen. Antwort: Ah ja. Frage bei der Polizei, die weiß üblicherweise bei Kuriosa Bescheid. Antwort: Pardon?
Es gab, das sei zur Ehrenrettung dieser Institutionen betont, jeweils zwei Gespräche in der Sache. Beim jeweils zweiten war immerhin klar, dass der Fragesteller kein halblustiger Telefontroll ist. Eine letztgültige Antwort aber, wie nun genau diese Waggons in das Haus in Franken gekommen sind, und warum anscheinend keiner wusste, dass die da überhaupt eingemauert waren - die gab es nicht so richtig.
Geschichte:Laut, hässlich, imposant: Diese Straße war prägend für Nürnberg
Die Fürther Straße verbindet nicht nur zwei fränkische Metropolen miteinander. Entlang der Strecke lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns seit 1835 wie sonst nirgends studieren.
Herbert Bauer wohnt in der Nähe. Er ist Marktgemeinderat, er arbeitet der Gruppe zu, die sich um die Chronik der Gemeinde kümmert; er ist gut vernetzt in dem Ort im Nürnberger Land. "Ich hab' zuvor nie ein Wort davon gehört, phänomenal", sagt er. Als sich die Sache von den zum Vorschein gekommenen Waggons unter Nachbarn rumgesprochen hat, ist er gleich hingelaufen zum Haus. Einen der freigelegten Waggons hat er immerhin noch fotografieren können, der andere war schon von einem Bauunternehmen abtransportiert worden. "Unglaublich", sagt Bauer.
Ein Mann findet sich aber doch, der Bescheid weiß, wie alles gewesen sein muss. Seinen Namen mag er nicht lesen, das mache man nicht unter Nachbarn, sagt er. Es war so: Der Mann, der das Haus gebaut hat, war bei der Reichsbahn beschäftigt. Er hat die ausrangierten Waggons nach dem Zweiten Weltkrieg auf eine damals noch unbebaute Wiese stellen lassen, mit einem Kran, gleich neben die Gleise. Das wurde geduldet. Jahre später, als das Areal Baugebiet wurde, durfte er die Wagen ummauern.
Aus den Waggons wurde ein Haus, mit hübsch tapezierten Wänden, von denen nur noch die gewölbten Decken an die Reichsbahn erinnerten. Eine Sensation? Damals eben nicht. Und so geriet das in Vergessenheit. Der Enkel will nun ein neues Haus bauen, mutmaßlich ohne integrierte Waggons, daher der Abbruch. Und der Bauunternehmer findet die Waggons so hübsch, dass er sie abtransportiert hat und restaurieren will.