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Regensburger OB im BayernLB-Prozess: "Mir stinkt es, dass es hier zwei Wahrheiten gibt"

Der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger bedauert den Reinfall der BayernLB beim Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria. "Hinterher ist man klüger", sagte er im Prozess. Er habe erst später Unregelmäßigkeiten bemerkt. Eine arglistige Täuschung durch den Vorstand sieht er aber nicht.

Der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger hat zum Ende seiner 18-jährigen Amtszeit Bedauern über seine Rolle beim Landesbank-Desaster mit der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria geäußert. Er habe an einer Entscheidung mitgewirkt, die sich als Fehler herausgestellt habe, sagte der 65-jährige CSU-Politiker am Dienstag als Zeuge im Prozess gegen sechs ehemalige Vorstände der Landesbank vor dem Landgericht München. "Aber hinterher ist man klüger."

Schaidinger verabschiedet sich Ende April von der Regensburger Stadtspitze. Über seinen Nachfolger wird an diesem Sonntag in einer Stichwahl entschieden. Die Chancen für die CSU stehen aber nicht gut: Im ersten Wahlgang am 16. März fehlten dem SPD-Kandidaten Joachim Wolbergs nur wenige Stimmen zum Sieg. Schaidinger hatte sich aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl gestellt. Als bayerischer Städtetagspräsident saß der Politiker früher im Verwaltungsrat der BayernLB, der den Kauf der Hypo Alpe Adria (HGAA) mit abgesegnet hatte. Sechs der damaligen Vorstände müssen sich wegen des Desasters seit Januar wegen Untreue vor dem Landgericht München verantworten.

Die Angeklagten hatten den Vorwurf zurückgewiesen, sich absichtlich über Bedenken hinweggesetzt zu haben, um die Bank kaufen zu können. Die Steuerzahler in Bayern kostete die Übernahme der Krisenbank am Ende Milliarden. Bei der Zustimmung für den Kauf der HGAA sah Schaidinger nach eigenen Worten keinen Grund, an den Informationen des Vorstandes über die Bank zu zweifeln. "Das, was vorgetragen wurde in der Präsentation, erschien mir plausibel." Erst bei einer Zeugenbefragung durch die Staatsanwaltschaft Jahre später stellte er Unregelmäßigkeiten fest. In der Präsentation über die Bank habe es in bestimmten Punkten Unterschiede gegeben zwischen der Version für den Vorstand und der für den Verwaltungsrat, sagte er. "Das hat mich im Nachhinein überrascht und auch geärgert."

Schaidinger fühlte sich nicht getäuscht von Vorständen

In seiner früheren Vernehmung hatte er die Kritik noch deutlicher formuliert. "Mir stinkt es, dass es hier zwei Wahrheiten gibt." Die Staatsanwaltschaft wirft den Vorständen vor, eine mögliche Wertminderung der HGAA von 250 Millionen Euro in der Verwaltungsratspräsentation im Anhang versteckt und damit "dem schnellen Blick entzogen" zu haben. In der Version für den Vorstand war der Risikoabzug hingegen in einer "Werttreppe" dargestellt. Schaidinger betonte aber, dass er sich nicht arglistig von den Vorständen getäuscht gefühlt habe. Er erwarte jedoch, dass der Vorstand den Verwaltungsrat eins zu eins informiere und alle Informationen liefere, die für eine Entscheidung notwendig sind.

Am Rande der Bilanzpressekonferenz der bayerischen Sparkassen äußerte sich deren Präsident Theo Zellner am Dienstag zu dem Streit über die Rückzahlung von Milliarden-Krediten durch die HGAA an die BayernLB. "Wenn Gespräche mit Österreich stattfinden - auf welcher Ebene auch immer - legen wir Wert drauf, dass die Bank mit am Tisch sitzt", sagte Zellner. "Wir haben nichts zu verschenken. Die Bank hat nichts zu verschenken."

Die Hypo Alpe Adria hatte Ende 2012 angekündigt, Kredite über gut zwei Milliarden Euro an die BayernLB nicht zurückzahlen zu wollen, weil es sich dabei aus ihrer Sicht um "Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen" handelt. Nun streiten beide Seiten vor Gericht, wie es mit dem Geld weitergeht. Österreich hat jedoch kürzlich angekündigt, einen Generalausgleich mit den Bayern anzustreben, um alle Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen.

Die bayerischen Sparkassen, die 25 Prozent an der BayernLB halten, sehen im Streit über die Rückzahlung der Kredite jedoch keinen Verhandlungsspielraum. "Es ist wichtig für uns, dass dieser Kredit bedient wird", sagte Zellner. Ansonsten sei es für die BayernLB kaum möglich, wie von der EU gefordert bis 2019 weitere vier Milliarden Euro an das Land Bayern zurückzuzahlen. Die BayernLB war in der Finanzkrise vom Freistaat vor dem Aus gerettet worden und war als Ausgleich für die Beihilfen von der EU-Kommission verpflichtet worden, eine Reihe von Auflagen zu erfüllen

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