Entfernen oder nicht? Der Umgang mit der sogenannten Judensau am Regensburger Dom ist seit vielen Jahren umstritten. Nun haben der Antisemitismusbeauftragte für Bayern, Ludwig Spaenle, und die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Regensburg, Ilse Danziger, eine Lösung präsentiert. Die aus dem Mittelalter stammende, judenfeindliche Darstellung soll nicht entfernt, aber neu beschriftet werden. Auf diese Weise könnte die Schmähplastik auch als Mahnmal gegen Antisemitismus verstanden werden, sagte Ilse Danziger am Freitag.
Für den Umgang mit judenfeindlichen Darstellungen müsse grundsätzlich ein verantwortungsvoller Umgang gefunden werden, sagte Spaenle. Sie dürften nicht unkommentiert stehen bleiben, aber auch nicht in einer Art "Bilderstürmerei" entfernt werden. Für nicht sinnvoll hält Spaenle den Vorschlag, die Bildnisse stattdessen in einem Museum auszustellen. Es sei geradezu grotesk, die Figur am Originalort zu entfernen, um sie dann in einer Vitrine besonders hervorzuheben.
Im Fall der "Judensau" am Regensburger Dom seien Vertreter von Kirche, Politik und Bauamt überein gekommen, die bestehende Informationstafel zu erneuern. Diese sei an dem Steingemäuer des Domes kaum zu erkennen und der Text inhaltlich überholt, sagte Spaenle. Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, sei in den Dialog eingebunden gewesen. Innerhalb der Jüdischen Gemeinde in Regensburg gibt es laut Danziger einen breiten Konsens darüber, die Figur zu erhalten. Gerade in einer Zeit, in der Antisemitismus wieder salonfähig werde, sei es wichtig zu zeigen, dass es Antisemitismus schon immer gegeben habe und dass diesem entgegengetreten werden müsse.
Die neue Tafel wird das Motiv der "Judensau" erläutern und einordnen. Es zeigt jüdische Männer, die wie Ferkel an den Zitzen einer Sau saugen. Diese Darstellung habe Ekel und Verachtung gegenüber Juden hervorrufen und das Judentum verunglimpfen wollen, heißt es in dem Text. Behauptet worden sei, dass Juden mit dem Teufel im Bunde stünden und von diesem genährt würden. Weiter: "Heute soll diese Skulptur alle Menschen mahnen, gegen jede Form von Propaganda, Hass, Ausgrenzung und Antisemitismus vorzugehen." Verfasst wurde der Text in Zusammenarbeit mit Eva Haverkamp-Rott, Professorin am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München. Zusätzlich zu der Tafel soll laut Spaenle digital umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung gestellt werden. Es werde zudem überlegt, Infozettel zu erstellen und das Thema in die Ausbildung von Stadtführern aufzunehmen.
Bundesweit gebe es mehrere Dutzend antijüdischer Darstellungen. Der Antisemitismusbeauftragte verwies auf einen Fall in Wittenberg. Dort will ein jüdischer Bürger seit Jahren auf juristischem Wege die Entfernung einer "Judensau" an der Stadtkirche erwirken. Im Frühjahr werde sich der Bundesgerichtshof (BGH) damit befassen. Vorinstanzlich hatte das Oberlandesgericht in Naumburg entschieden, dass das judenfeindliche Relief nicht entfernt werden muss.