Regensburger Dom:Immobilie mit Haken

Weltrekord-Orgel tönt im Regensburger Dom

Trotz horrender Heizkosten wird es im Regenburger Dom nicht so recht warm, außerdem gibt es dauernd etwas zu renovieren. Der Grundriss allerdings ist spektakulär.

(Foto: dpa)

Regensburg ist das einzige Bistum Bayerns, das in seiner großen Kathedrale nur Gastrechte genießt. Nun gibt es offenbar Überlegungen, das Gotteshaus vom Freistaat zu übernehmen. Doch was kostet eigentlich ein Dom?

Von Wolfgang Wittl, Regensburg

Das Objekt befindet sich in bester Lage: Regensburger Innenstadt, mitten im Herzen des Unesco-Weltkulturerbes, verkehrsberuhigte Umgebung. Vor zwei Seiten des Gebäudes liegt ein weitläufiger Platz, von oben bietet sich ein phantastischer Ausblick über die Dächer der historischen Altstadt, über die Donau, an schönen Tagen sogar bis in den Gäuboden und zu den Ausläufern des Oberpfälzer Waldes.

Zugegeben, der Komfort im Inneren des Bauwerks könnte besser sein, im Winter etwa ist es grimmig kalt. Ein ernsthaftes Kaufhindernis für den möglichen neuen Eigentümer dürfte sich daraus allerdings nicht ergeben. Eher schon die Frage: Was zahlt man für so eine Jahrhunderte alte Immobilie, die als bedeutendste gotische Kathedrale östlich des Rheins gilt?

Im Bistum Regensburg reifen offenbar Pläne, den Dom St. Peter in den Besitz der Diözese zu überführen. Derzeitiger Eigentümer ist der Freistaat Bayern. Der neue Bischof Rudolf Voderholzer soll sich solchen Überlegungen gegenüber durchaus aufgeschlossen zeigen, heißt es. Damit würde Voderholzer an eine Initiative anknüpfen, die von seinem Vorgänger Gerhard Ludwig Müller ausgegangen war, dessen Selbstverständnis nicht zuletzt davon geprägt ist, dass sich die Wahrzeichen eines Bistums in kirchlichem Besitz befinden sollten.

Wie das Kultusministerium bestätigt, gab es bereits ein Gespräch, in dem Vertreter der Diözese und des Freistaats erste Kaufoptionen ausloteten, ehe Müller im vergangenen Sommer als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom berufen wurde.

Die Staatsregierung würde sich einem Verkauf wohl nicht verschließen, forciert werde er jedoch nicht. Seit der Säkularisation vor gut 200 Jahren waren erst das Königreich Bayern und nun der Freistaat Besitzer des Regensburger Doms - und für dessen Unterhalt verantwortlich. Das Kultusministerium lasse weitere Gespräche auf sich zukommen, sagt Sprecher Ludwig Unger. Schließlich sei das Bistum Regensburg das einzige in Bayern, das in seinem Dom nur Gastrechte genießt.

Ob München-Freising, Bamberg, Würzburg, Augsburg, Passau oder Eichstätt - alle weiteren Bistümer nennen ihre Kathedralen ihr Eigen. Was also kostet so ein Dom, der fast 90 Meter lang und mehr als 100 Meter hoch ist? Der mit Ornamenten verziert ist, die Tausenden Besuchern Bewunderung abringen?

Materiell? Nicht zu beziffern

Fachleute wie der oberste bayerische Denkmalpfleger Egon Greipl bescheinigen dem Dom einen "gewaltigen ideellen, geschichtlichen und künstlerischen Wert". Doch materiell? Nicht zu beziffern, sagt Greipl. Auch Hans Weber, der Leiter des Regensburger Bauamts, will sich nicht festlegen. Seine Behörde koordiniert die Arbeiten zum Erhalt des Gotteshauses.

Ein Dutzend Steinmetze sind tagein, tagaus damit beschäftigt, die Kathedrale in ihrer Pracht zu bewahren. Seit 90 Jahren existiert die staatliche Dombauhütte, deren Handwerker heute noch so arbeiten wie vor Jahrhunderten die alten Meister. Die ihre Werkzeuge sogar selber schmieden, weil sie nicht mehr zu kaufen sind. Knapp eine Million Euro jährlich lässt sich der Freistaat den Unterhalt dieses Monuments kosten.

Spannender als der Kaufpreis, bei dem es sich ohnehin nur um einen symbolischen Betrag handeln kann, dürfte daher die Frage nach der Übernahme der laufenden Kosten sein, die bisher alleine der Freistaat trägt. Ein Dom sei kein Handelsgut, sagt Ministeriumssprecher Unger, doch klar sei auch: "Wenn ich Besitzer von etwas werde, müsste der Anteil, den ich erbringe, ein anderer sein."

Denkbar wäre ein Kompromiss

Da der Dom für den Status Regensburgs als Weltkulturerbe von zentraler Bedeutung sei, müsse der Bauerhalt weitergeführt werden. Eine Haltung, die das Amt für Denkmalpflege unterstreicht - und die auch im Bistum Regensburg unstrittig sein dürfte. Ob und in welcher Form es sich finanziell zu beteiligen gewillt ist, werden indes erst Verhandlungen zeigen. Wohl auch deshalb hält sich die Diözese momentan mit Interessensbekundungen am Erwerb des Doms zurück, um nicht die eigene Position zu schwächen: Die Eigentumsverhältnisse seien derzeit geklärt, sagt Sprecher Clemens Neck. Das Bistum sehe keine Gründe, dies zu verändern.

Denkbar wäre womöglich ein Kompromiss in Form einer von Kirche und Freistaat gespeisten Domstiftung, deren Erträge für den Unterhalt der Kirche verwendet werden. Oder doch ein jährlicher Zuschuss aus der Staatskasse?

Insgesamt 11,5 Millionen Euro im Jahr wendet das Land Bayern eigenen Angaben zufolge für die Pflege von etwa 1300 Kirchen, Klöstern und Pfarrgebäuden auf. Auf Anregung des Rechnungshofs vollzieht sich in den Eigentumsbeziehungen zwischen Staat und Kirche jedoch gerade eine umfangreiche Flurbereinigung. Die Klärung von Besitz- und Nutzungsrechten soll dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.

So wechselten in den vergangenen Jahren 200 Gebäude von staatlichem in kirchlichen Besitz. Ein Dom war bisher freilich nicht darunter, meist ging es um Wohnungen oder Verwaltungsräume. Das Bistum Regensburg erwarb vor drei Jahren mehrere Gebäude des Ordinariats, die nun "unter erheblicher Bau- und Kostenlast" modernisiert werden.

Die Arbeiten am Dom werden niemals enden, dessen sind sich sowohl Staat als auch Kirche gewahr. Begonnen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wurde das Bauwerk erst 600 Jahre später fertiggestellt. Seitdem werkeln Generationen von Steinmetzen, um das laut Diözese "geistliche Herz des Bistums" am Schlagen zu halten.

Bauamtsleiter Hans Weber kann das Kaufinteresse der Kirche einerseits gut verstehen. Andererseits würde er es sehr bedauern, sollte der Dom einen neuen Besitzer bekommen. Schließlich sei die Dombauhütte auch emotional ein wesentlicher Bestandteil seiner Behörde.

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