Süddeutsche Zeitung

Adventsmarkt trotz Verbot:Weihnachtsrebellion in Regensburg

Weihnachtsmärkte soll es heuer nicht geben, hat die bayerische Staatsregierung beschlossen. Doch im Schloss Thurn und Taxis sieht man das anders.

Von Deniz Aykanat und Andreas Glas, Regensburg

In ganz Bayern werden die Weihnachtsmärkte abgesagt. In ganz Bayern? Nein! Im schönen Regensburg, auf Schloss Thurn und Taxis, schickt sich gerade ein bekannter lokaler Veranstalter dazu an, sich der Linie der bayerischen Staatsregierung zu widersetzen. Peter Kittel, der jedes Jahr den privaten Weihnachtsmarkt im Hof des Schloss Thurn und Taxis betreibt, hat nicht vor zu schließen. "Wir öffnen auch heute pünktlich, wie vorgesehen", sagt Kittel am Montag am Telefon. Und das soll der Markt auch weiterhin.

Zu Vor-Corona-Zeiten besuchten dem Veranstalter zufolge pro Jahr fast 300 000 Menschen den Markt, er ist in ganz Deutschland bekannt - auch weil Schlossherrin Gloria gelegentlich Ständchen auf dem Balkon gibt. Damit dürfte der "Romantische Weihnachtsmarkt" der einzige derzeit geöffnete Weihnachtsmarkt in Bayern sein, zumindest in dieser Größenordnung. In Regensburg sowieso.

Kittel gibt sich kämpferisch. Er habe eine bestehende Genehmigung der Stadt Regensburg und solange ihm "keine rechtskräftige Betriebsunterlassungsverfügung" zugestellt werde, bleibe der Markt geöffnet, sagt Kittel. Bei der Stadt wartet man auf die Verordnung vom Freistaat, die noch durch den Landtag muss. "Aber da wird ja vermutlich drinstehen, dass öffentliche und private Märkte abgesagt werden müssen. Und dann muss die Stadt einschreiten", sagt eine Stadtsprecherin. Kittel will das dann juristisch prüfen lassen. "Geht das, was mit uns gemacht wird?"

"Natürlich steht der Weg zum Gericht jedem offen", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag. Der Veranstalter habe ja bereits "juristische Erfahrung" - eine Spitze gegen Kittel, der kürzlich im Zusammenhang mit der Regensburger Parteispendenaffäre verurteilt wurde. Die Entscheidung, dass Weihnachtsmärkte schließen müssen, sei "klar und eindeutig", sagte Söder. Jeder müsse "jetzt einen Beitrag leisten", um die Pandemie zu bremsen.

Kittels Einwand: "Das ist eine hochgradig sichere Veranstaltung." Ihm ist wichtig, dass sein Markt nicht mit anderen in einen Topf geworfen und nicht als Pandemie-Treiber gesehen wird. "Man setzt uns gleich mit Glühwein-Ballermannbuden an irgendeinem Hauptbahnhof, das ist hochgradig ungerecht."

Er ist sauer auf die Politik. "Ich kann das beim besten Willen nicht verstehen. Über Monate hinweg hat es die Politik versäumt, Druck auf die Ungeimpften auszuüben und jetzt werden wir, die loyal gegenüber dem Staat sind, bestraft. Da spiele ich nicht mit." Er habe sich schon frühzeitig, auch als dies noch nicht Pflicht war, für eine 2-G-Regelung für seinen Markt entschieden. Alle Standbetreiber - es sind 120 - und Mitarbeiter seien vollständig geimpft.

Anders als die meisten anderen Christkindlmärkte in Bayern, ist der im Schlosshof von St. Emmeram stattfindende Markt außerdem nur über wenige Stellen betretbar. Er ist komplett umfriedet, es müssen vorher Tickets gekauft werden und ein Sicherheitsdienst kontrolliert die Impf- und Genesenen-Nachweise. "Das Verbot widerspricht jeder Logik", sagt Kittel.

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