Regensburg:Vergraben und vergessen

Ein junger Regensburger stirbt wohl bei einem Saufgelage, wird im Garten beerdigt - und keiner bemerkt es.

Max Hägler

Viel gibt es nicht mehr, was an den jungen Regensburger erinnert. Ein Skelett. Und eine Zeugenaussage. Vom Leben und selbst vom Tod des Mannes weiß man kaum etwas. Außer dass er wohl 33 Jahre alt war, als er starb, und - wie Ermittler sagen - aus einem schwierigen Sozialmilieu stammte.

Regensburg: Ganz hinten im Garten, unter dem Kompost, war die Leiche des jungen Mannes verscharrt.

Ganz hinten im Garten, unter dem Kompost, war die Leiche des jungen Mannes verscharrt.

(Foto: Foto: oh)

Anfang August hatte ein Hauseigentümer in seinem Garten in Regensburg-Ziegetsdorf aufgeräumt und dabei Turnschuhe und Knochen entdeckt. Polizei und Gerichtsmediziner gruben schließlich ein Skelett aus.

Die Habseligkeiten und das Zahnschema zeigten einige Tage später: Es war das Gerippe eines 1972 geborenen Regensburgers. Vermisst hatte ihn allerdings niemand. Und seine Beerdigung will auch keiner bemerkt haben: "Ich habe nichts gesehen, gehört oder gerochen", heißt es überall.

Ziegetsdorf ist eine aufgeräumte Gegend, mit Gartenzwergen und Trampolinen für die Kinder, auf der Straße nicken die Menschen auch Fremden freundlich zu. Einzig das Haus, in dessen Garten die Leiche gefunden wurde, passt nicht so recht ins Bild.

Ein kleines einstöckiges Häuschen mit einer Pappel im Vorgarten, dem man ansieht, dass es seit zwei Jahren unbewohnt ist. Hinten, am Zaun, lagen die Überreste des Mannes, die immer noch in der Gerichtsmedizin in Erlangen untersucht werden. Für die Nachbarn ist der Fund nicht erklärbar.

Jetzt hat die Polizei eine Zeugenaussage, vom ehemaligen Hausbesitzer. Es ist der einzige Hinweis auf das Geschehen. Der 33-Jährige war demnach an einem Abend des Jahres 2005 zu Besuch gewesen, samt einem tschechischen Bekannten. An die Jahreszeit kann sich der ehemalige Hausbesitzer nicht mehr erinnern, aber daran, dass kräftig Schnaps gebechert wurde. Im Laufe des Abends sei der junge Mann zusammengesunken. Man habe gedacht, dass er seinen Rausch ausschlafe. Am nächsten Morgen aber sei er kalt gewesen, tot.

Der Hausbesitzer habe den Saufkumpanen daraufhin aufgefordert, die Leiche wegzuschaffen. Unter dem Komposthaufen auf der Rückseite des Gartens habe man den Mann schließlich verbuddelt, heißt es in der Zeugenaussage. Für die Polizei eine denkbare Variante, auch weil die Rechtsmediziner bislang keine Verletzungen an den Knochen festgestellt haben. "Aufgrund der dünnen Spurenlage müssen wir dieser Aussage glauben", sagt Polizeisprecher Michael Rebele.

Die Todesursache sei zwar weiter "ungeklärt", aber dem Zeugen, der wohl beim Verscharren mitgeholfen hat, mache man keine strafrechtlichen Vorhaltungen. Er habe höchstens gegen das Bestattungsrecht verstoßen. Vom zweiten Zeugen und Saufkumpan - einem 43 Jahre alten Tschechen - haben die Ermittler keine Spur. Der Mann hielt sich 2005 illegal in Deutschland auf. Insofern sei es nachvollziehbar, dass er den Toten ohne Aufhebens beseitigen wollte, meinen die Ermittler.

Und nicht nur der Tod des 33-Jährigen blieb unbemerkt, sondern auch weitgehend das Verschwinden. Der Vater sei zwar einmal bei der Polizei vorbeigekommen und habe berichtet, seinen Sohn schon länger nicht mehr gesehen zu haben. Dort hieß es allerdings, jeder könne seinen Lebensraum selbst bestimmen. "Die Kollegen haben dem Mann gesagt, dass er sich wieder melden solle, wenn er einen Anhaltspunkt habe", sagt Rebele. Einen zweites Mal sei er nicht gekommen. "Es gab kein weiteres Interesse in der Familie", berichtet Rebele.

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