Eigentlich schien die Sache klar zu sein: Am 15. April präsentierte die SPD Regensburg ihren Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl 2026. Man hätte davon ausgehen können, dass dieser 63-jährige Mann mit den roten Turnschuhen, der sich als Thomas Rudner vorstellte, der Mann sein würde, den die SPD im Wahlkampf auf ihre Plakate drucken würde. Kein unwichtiger Wahlkampf übrigens, immerhin stellt die SPD mit Gertrud Maltz-Schwarzfischer das Stadtoberhaupt. Und diesmal dürfte es nicht allzu leicht sein, dieses zu verteidigen, da Maltz-Schwarzfischer aufhört und der Amtsbonus dahin ist. Die Partei müsse deshalb besonders geschlossen auftreten, hieß es. Also alle Genossen für Thomas Rudner! Oder etwa nicht?
Eher nicht. Böse Zungen würden behaupten, die SPD wäre nicht die SPD, wenn sie eine Nominierung geräuschlos über die Bühne brächte. Sie würden an Olaf Scholz erinnern, dessen Kür von Lobgesängen auf Boris Pistorius begleitet war. Man kann die SPD natürlich auch für ihre öffentlich gelebte Demokratie loben. Wobei man sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster lehnt mit der Beobachtung, dass es nur wenige Genossen in Regensburg gibt, die den öffentlich geführten Streit ihrer Partei im letzten Monat gut heißen.

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Es ist nämlich so: Rudner wurde vom Regensburger Vorstand gewählt, von den Delegierten noch nicht. Was bei anderen Parteien eine Formalie ist, die Bestätigung des Kandidaten durch die Basis, entwickelt sich bei der SPD zu einer kleinen Revolution. Denn die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Delegierten sich kommenden Sonntag nicht für den Kandidaten ihres Vorstands, Thomas Rudner, entscheiden, sondern für einen Gegenkandidaten: Thomas Burger. Einig wären sie sich nur beim Vornamen.
Wie konnte das passieren? Zunächst zu Thomas Burger. Er ist Fraktionschef der SPD im Stadtrat und seit etwa 20 Jahren Kommunalpolitiker, verwurzelter kann man kaum sein. Für viele ist er der natürliche Nachfolger von Maltz-Schwarzfischer, ihn selbst eingeschlossen. Doch als er seine Kandidatur der Parteispitze anbot, habe diese ihn nicht unterstützt. So sagte er es der SZ. Der Vorstand schlug Rudner vor. Weil Burger mit der Partei nicht gut zusammenarbeiten könne, weil es taktisch sinnvoll sei, im grünen Milieu zu fischen und nicht im konservativen, das Burger bediene. Man hört da viele Gründe. Also wurde es Rudner.

Ein Mann, der in der Regensburger Kommunalpolitik nicht tätig war, dafür aber 2023 im EU-Parlament als Nachrücker saß. Mit Regensburg verbindet ihn seine Geburt und seine 15-jährige Tätigkeit als Leiter des Regensburger Koordinierungszentrums für deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Seine Unterstützer trauen ihm zu, die geeignete Klientel anzusprechen und die Partei zu motivieren. Rudner aber war nicht einmal offiziell vom Vorstand gekürt, da versagte ihm schon eine Person die Unterstützung: die Oberbürgermeisterin. Sie sprach sich für Burger aus.
Ein Mann will für die SPD Oberbürgermeister werden, den die jetzige SPD-Oberbürgermeisterin für nicht geeignet hält. Suboptimal, oder wie es der bekannte lokale Blog regensburg-digital ausdrückte: „der Super-GAU“. Ähnlich ging es weiter, mit diversen Zeitungsartikeln. Burger wurde vorgeworfen, erst zugesagt zu haben, nicht zu kandidieren und dann aber doch. Der Parteivorstand wurde bezichtigt, Burger eine Kandidatur zugesichert zu haben, um hintenrum Rudner zu fragen. Und jetzt?
Steht die Wahl bevor und neben der Frage, wer gewinnt – selbst seine Gegner tippen auf Burger – stellt sich noch eine andere: Wie tief sind die Gräben? „Ich hoffe sehr, dass der jeweils unterlegene Bewerber auf jeden Fall weiter bereit ist, mitzuarbeiten an einem Erfolg für die Regensburger SPD“, sagt Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer. Sie hofft? Nein, nein, sagt sie, sie sei natürlich „zuversichtlich“.