Regensburg:"So viel Loyalität haben sie nicht"

Im Korruptionsprozess werden brisante Telefonate abgespielt

Von Andreas Glas, Regensburg

Im Regensburger Korruptionsprozess hat das Gericht am Dienstag erneut abgehörte Telefonate der Angeklagten abgespielt. Die Mitschnitte sollen Erkenntnisse bringen über fragwürdige Parteispenden, die aus dem Umfeld des Bauunternehmers Volker Tretzel auf das Wahlkampfkonto des suspendierten SPD-Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs flossen. In einem der Telefonate äußert Tretzel seinen Ärger darüber, dass keiner seiner Mitarbeiter "den Mut gehabt hat", bei der Kriminalpolizei auszusagen, die Spenden aus deren Einkommen geleistet zu haben. "So viel Loyalität haben sie nicht", sagt Tretzel. Dies ist auch eine Kernfrage im Prozess: Haben mehrere Tretzel-Mitarbeiter aus eigenem Antrieb gespendet oder waren sie Strohmänner, die in Tretzels Auftrag spendeten, um dessen Unterstützung für Wolbergs zu verschleiern?

Zu einem Mitarbeiter habe er gesagt, er solle seine Aussagen bei der Kripo "schnell berichtigen", sagt Tretzel in demselben Telefonat. Er sagt darin auch: "Das kann ja gar nicht sein, dass wir dafür bestraft werden." Damit meint er offenbar den Zusammenhang, den die Staatsanwaltschaft zwischen Tretzels Spenden und Bauvorhaben seiner Firma in Regensburg sieht. "Wo soll denn da der Vorteil liegen?", fragt Tretzel am Telefon. Einen Vorteil durch seinen Wohnungsbau habe "nur die Stadt Regensburg" gehabt. Die Staatsanwaltschaft beurteilt dies anders. Sie wirft Tretzel Bestechung vor und Wolbergs Bestechlichkeit. Die Strafkammer hat die Anklage auf Vorteilsgewährung respektive Vorteilsannahme herabgestuft.

In einem Telefonat mit Regensburgs SPD-Chefin Margit Wild spricht Wolbergs über die Spenden, die in Einzelbeträgen knapp unterhalb der gesetzlichen Veröffentlichungsgrenze von 10 000 Euro flossen. Die Spender hätten gesagt: "Wir wollen Ihnen mehr geben, aber wir verteilen das auf die nächsten Jahre", um die jährlichen Spenden unter der 10 000-Euro-Marke zu halten. "Das ist auch alles völlig legal", sagt Wolbergs zu Wild. Zudem betont er, gewusst zu haben, dass auch nach dem OB-Wahlkampf 2014 "weitere Spendengelder" an ihn fließen. Offenbar für problematisch hielt dies Norbert Hartl, früher SPD-Rathausfraktionschef und wegen Beihilfe angeklagt. In einem abgehörten Telefonat sagt Hartl, dies sei ein Problem, da der OB "eine feste Ausgabesituation herbeigeführt" habe, indem er sein Wahlkampfbüro auch nach der OB-Wahl weiterführte. Wolbergs habe wohl geglaubt, "ewig die Spenden zu kassieren", um dieses Büro weiter finanzieren zu können.

Vor dem Abspielen der Telefonate war zum zweiten Mal Christian Schlegl als Zeuge geladen, Wolbergs CSU-Konkurrent bei der OB-Wahl 2014. Dabei zitierte Wolbergs-Verteidiger Peter Witting aus Dokumenten zu Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft wegen fragwürdiger Spenden auch gegen Schlegl führt. Laut Witting seien die Spenden, die die CSU im Wahlkampf erhielt, ähnlich hoch gewesen wie jene an die SPD. Schlegl wiederum sagte, er habe von Tretzel insgesamt knapp 90 000 Euro erhalten, verteilt auf drei Jahre, ebenfalls in Tranchen knapp unter 10 000 Euro. In Erinnerung geblieben sei ihm, dass ihm Tretzel zwar Geld gegeben, aber gesagt habe: "Sie gewinnen die Wahl eh nicht, die gewinnt der Wolbergs."Zudem habe Tretzel gesagt: Falls Schlegl mehr Geld brauche, dürfe er "gern noch mal kommen, er würde dann noch mehr besorgen". Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

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