Von Ludwig I. mag man halten, was man will, doch eins steht fest: Er war ein miserabler Verserlschreiber. „Heiteren Sinnes, froh und helle/Lebend in der Anmut hin/Schlank und zart wie die Gazelle/Ist die Andalusierin!“ So lautet die Strophe aus einem Liebesgedicht, das der König Bayerns seiner Flamme Lola Montez widmete, die in Wirklichkeit allerdings eine Irin und keine Spanierin war.
Mit seiner verhängnisvollen Affäre, die am 20. März 1848 mit seiner Abdankung endete, schrieb sich Bayerns König Ludwig I. auf ganz eigene Art in die Geschichte seines Landes ein: Als lächerlicher alter Mann, der sich von einer 25-jährigen Tänzerin den Kopf verdrehen lässt – und dafür sogar die Herrschaft des Hauses Wittelsbach riskiert.
Dabei hat ihm Bayern viel mehr zu verdanken, als die unsterbliche Anekdote seiner Amour Fou mit Lola Montez oder deren Porträt, das in der Schönheitengalerie von Schloss Nymphenburg hängt. Daran erinnert im kommenden Jahr das Haus der Bayerischen Geschichte, das dem Regenten eine eigene Landesausstellung in Regensburg widmet. „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ ist die Schau übertitelt, und das Fragezeichen deutet bereits an, dass Ludwig I. eine durchaus zwiespältige Figur war. „Zum ersten Mal wird er von verschiedenen Perspektiven aus betrachtet“, sagt Richard Loibl. Den Chef des Hauses der Bayerischen Geschichte beeindruckt vor allem die Anfangszeit seiner 23 Regierungsjahre, in der sich Ludwig I. als Pragmatiker und vergleichsweise liberaler Geist erwies.
München soll Deutschland zur Ehre gereichen
Seine Anordnung aus dem Jahr 1825, wonach Baiern künftig mit „y“ zu schreiben sei, war freilich die geringste Herausforderung für den damals 39-jährigen Monarchen. Er herrschte über ein Königreich, das immer noch schwer an den Folgen der napoleonischen Kriege zu tragen hatte. Kriegsschulden, Bevölkerungsschwund und die Brachialreformen des Grafen Maximilian von Montgelas hatten Bayern an den Rand des Ruins getrieben. Mit der Säkularisierung habe Montgelas einen schweren Fehler begangen, bilanziert Loibl – einen Fehler, den Ludwig I. teilweise rückgängig machte: Mehr als 130 Klöster ließ er während seiner Herrschaftszeit wieder einsetzen oder neu gründen, die fortan angestammte Bildungs- und Sozialaufgaben übernahmen.
Die gewaltigen Bauprojekte Ludwig I. prägen bis heute das Gesicht Bayerns. Die in vielerlei Hinsicht mittelmäßige Residenzstadt München erlebte unter ihm einen Schub. Sein Ziel hätte kaum ehrgeiziger sein können: „Ich will aus München eine Stadt machen, die Teutschland so zur Ehre gereichen soll, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München gesehen hat.“
Ludwigstraße, Königsplatz, Bavaria, Alte Pinakothek, Feldherrnhalle, das sind nur einige der zahlreichen Projekte, mit denen der bauwütige Ludwig I. der Stadt seinen Stempel aufdrückte. Hinzu kommen Eisenbahnlinien, die Walhalla, die Befreiungshalle. Den Regensburger Dom ließ der Griechenland- und Mittelalterfan vollenden, in Aschaffenburg errichtete er das Pompejanum. Und nicht zu vergessen: Mit dem Bau des Ludwigskanals schaffte er die erste schiffbare Verbindung zwischen Donau und Main, wenngleich sie zum wirtschaftlichen Flop geriet.
All die Taten würden Ludwig einen Logenplatz in der bayerischen Geschichte sichern, wären da nicht auch seine anderen Seiten. Loibl kreidet ihm an, dass er gerade den Osten des Königreichs vernachlässigte, weil sein strategisches Ziel ganz auf den Norden Deutschlands ausgerichtet war – hin zu Preußen und weg von den jahrhundertealten Beziehungen zu den Habsburgern in Österreich. Im Laufe der Jahre entwickelte Ludwig I. zudem einen immer stärkeren Hang zur Autokratie. Die Presse ließ er zensieren, Aufrührer und solche, die er dafür hielt, einsperren.
Dass er im deutschen Revolutionsjahr 1848 sein Volk mit einer Liebesaffäre gegen sich aufbrachte und schließlich darüber stürzte, ist fast schon eine Ironie der Geschichte. Immerhin, das hält ihm auch Loibl zugute: Sein Abgang erfolgte im Gegensatz zu anderen Herrschern unblutig. Bis zu seinem Tod 1868 konnte sich Ludwig I. – ausgestattet mit einer mehr als großzügigen Apanage – ganz der Fertigstellung seiner Bauten widmen, zum Glück für Bayern.
Privat war Ludwig I. allerdings sparsam bis hin zum Geiz. Ein Beleg dafür wird in der Landesausstellung zu sehen sein: der Hausmantel, den der König mehr als 60 Jahre lang täglich getragen hat. Ein vielfach geflicktes, ausgebessertes Ungetüm mit ausgefransten Kordeln, das man eher einem abgebrannten Edelmann als einem König zuschreiben würde.
Die Landesausstellung „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ öffnet am 10. Mai und dauert bis zum 9. November 2025.