Zurzeit spricht Hans Rothammer oft in Mikrofone, diktiert in Blöcke, schaut in Kameras. Die Reporter wollen vom Präsidenten des SSV Jahn Regensburg wissen, ob der Fußballklub in die Korruptionsaffäre um SPD-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs verwickelt ist. Es geht um den Verdacht, dass Baulöwe und Jahn-Mäzen Volker Tretzel den Verein mit Millionen versorgt hat, weil ihm OB Wolbergs im Gegenzug das Nibelungenareal, ein städtisches Baugrundstück, zugeschanzt haben soll. Falls es solche Absprachen gab, seien die "an uns vorbei gegangen", sagte Rothammer kürzlich in einem Fernsehinterview. Doch sagt Hans Rothammer die Wahrheit?
Ein Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, nährt zumindest Zweifel an Rothammers Aussagen. Es geht um ein Fax, das der frühere Jahn-Aufsichtsrat Christian Schlegl im Herbst 2014 an Klub-Präsident Rothammer geschickt hat. In dem Fax erklärt CSU-Stadtrat Schlegl seinen Austritt aus dem Aufsichtsrat - und begründet den Schritt mit der kurz zuvor erfolgten Vergabe des Nibelungenareals durch den Stadtrat. Schlegl schreibt, er sehe einen "auf keinen Fall mehr zu vertretenden Interessenskonflikt zwischen einem öffentlichen Mandat, in meinem Fall dem Stadtratsmandat, und den Aufsichtsratssitzen beim SSV Jahn".
Obwohl das Fax an Hans Rothammer adressiert war, will der Jahn-Präsident also nichts geahnt haben von einem möglichen Zusammenhang zwischen der Nibelungenareal-Vergabe und den Tretzel-Millionen für den SSV Jahn? Die Tretzel-Zahlungen seien "immer in einem zeitlichen Kontext zur finanziellen Not des Jahn gestanden und nach meiner Beobachtung nicht zu irgendwelchen Grundstücksgeschäften", sagte Rothammer kürzlich dem Regensburger Fernsehsender TVA.
Auf Nachfrage sagt Rothammer, das Fax sei "kein Beleg" dafür, dass er etwas gewusst habe. Dass Rothammer womöglich mehr weiß, als er zugibt, dafür gibt es allerdings ein weiteres Indiz. Nach SZ-Informationen verdächtigt die Staatsanwaltschaft den Klub-Präsidenten, Protokolle von Jahn-Aufsichtsratssitzungen gefälscht und die gefälschten Protokolle im November 2016 bei der Kriminalpolizei eingereicht zu haben. Die Fälschung der Protokolle soll Rothammer zuvor mit Joachim Wolbergs besprochen haben, der seit 2014 Aufsichtsratschef des SSV Jahn ist und seit Mitte Januar wegen des Verdachts der Bestechlichkeit in Untersuchungshaft sitzt.
Dass Protokolle manipuliert worden seien, sei "nachweislich falsch", sagt Wolbergs-Anwalt Peter Witting. Rothammer streitet die Vorwürfe ebenfalls ab: "Es kam zu keinem Zeitpunkt zu Änderungen von ausgefertigten und unterzeichneten Protokollen." Weiter sagt er: "Wenn es zu Änderungen kam, dann nur an Protokollentwürfen, die vor Unterzeichnung an die Gremienmitglieder verschickt worden waren." Von Manipulation könne keine Rede sein, sagt auch Rothammer. Die Staatsanwaltschaft sieht das offenbar anders.
Die Justiz hat auch Rothammers Vorgänger beim SSV Jahn im Visier. Über Ulrich Weber, zwischen 2011 und 2014 Jahn-Präsident, war kürzlich bekannt geworden, dass er sich im Dezember 2016 mit Oberbürgermeister Wolbergs und einem früheren Tretzel-Mitarbeiter getroffen haben soll - offenbar um einen Zeugen zu beeinflussen und ihn auf diese Weise zu einer entlastenden Aussage zu bewegen.
Falls die Jahn-Präsidenten von mutmaßlich illegalen Absprachen zwischen OB Wolbergs und Bauunternehmer Tretzel wussten, könnte dies den Fußballklub in arge Bedrängnis bringen, vor allem finanziell. Bereits für die laufende Drittliga-Saison fehlt dem SSV Jahn eine halbe Million Euro, die der inzwischen ebenfalls inhaftierte Volker Tretzel in Aussicht gestellt, aber letztlich nicht überwiesen hat. Steckt der Klub mit drin in der Korruptionsaffäre, könnten weitere Sponsoren abspringen.
Derweil gehen die Ermittlungen der Regensburger Staatsanwaltschaft weiter - auch gegen Alt-OB Hans Schaidinger (CSU), der wie sein Nachfolger Wolbergs im Verdacht steht, von Bauunternehmer Tretzel bestochen worden zu sein. Eines muss Schaidinger aber nicht fürchten: Dass die Justiz die Parteispenden ins Visier nimmt, die der heute 67-Jährige im OB-Wahlkampf 2008 bekam. "Das steht nicht im zentralen Fokus unserer Ermittlungen, weil die Vorgänge von damals aller Voraussicht nach verjährt wären", sagt Oberstaatsanwalt Theo Ziegler.