Luftangriff auf Regensburg:Eine Katastrophe, die hätte verhindert werden können

Bombardement Regensburg 1943

Die abgeworfenen Bomben stürzen dem Ziel entgegen. Deutlich sind die Donau und die Eisenbahnbrücken von Sinzing und Mariaort erkennbar. Erste Rauchwolken aus dem getroffenen Flugzeugwerk sind zu sehen.

(Foto: NARA)

Vor 75 Jahren starben 400 Menschen in Regensburg bei einem Bombenangriff. Ein Autor kommt nun zu dem Schluss, der Angriff sei absehbar gewesen.

Von Hans Kratzer, Regensburg

Am 17. August 1943 schien auf Regensburg die Sonne, der Himmel war blau und wolkenlos. Doch um die Mittagszeit kippte die Leichtigkeit des Hochsommers. Um 12.24 Uhr Ortszeit sprangen in der Stadt die Sirenen an, Luftalarm, am Himmel wurde es laut, um 12.42 Uhr fielen die ersten Bomben, das Inferno nahm seinen Lauf. Gut 22 Minuten dauerte der Luftangriff der US-Bomber, 402 Menschen fielen ihm zum Opfer, 1800 Menschen trugen zum Teil schwerste Verletzungen davon.

971 Sprengbomben sowie 448 Brandbombenbündel warfen die Amerikaner über Regensburg ab, vor allem trafen sie das in Prüfening operierende Messerschmitt-Werk, das als nationalsozialistische Rüstungsschmiede bekannt war. Unter anderem wurden dort Jagdflugzeuge produziert, außerdem Seeminen- und Torpedohüllen sowie Leichtmetallteile für U-Boot-Türme. Unter den Toten waren fast hundert Lehrlinge des Werks, aber auch Zwangsarbeiter, Frauen und Kinder.

Nach Ansicht des Autors Peter Schmoll, der diese Katastrophe intensiv erforscht hat, hätte das Blutbad verhindert werden können. Die Werkleitung der Messerschmitt GmbH hätte dazu aber Konsequenzen aus dem vier Tage zuvor erfolgten Luftangriff auf die Wiener Neustädter Flugzeugwerke ziehen müssen.

In ihrer Verbohrtheit ließ sie trotz des Luftalarms das Fabrikgelände aber gegen jegliche Vernunft nicht räumen. Die gut 4500 Mitarbeiter in Regensburg waren deshalb den Bomben mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt. Schmoll hat eine Menge Zeitzeugenberichte gesammelt, die dem Leser durch Mark und Bein gehen. Etwa die Schilderung des damaligen Lehrlings Albert Kreuzer, der unter eine Kellertreppe flüchtete, dort mit Staub, Dreck und Blitzen zugedeckt wurde, bis er ins Freie wankte, wo die Menschen blutüberströmt, verdreckt und völlig verängstigt herumirrten.

Schmoll hat diese Berichte zusammen mit bisher unveröffentlichten Fotos und Dokumenten in einem Buch gebündelt. Es ist eine verdienstvolle Rekonstruktion, die viele Details eines Ereignisses festhält, das in seinem Schrecken und als Beleg einer abgrundtiefen menschlichen Verirrung nicht in Vergessenheit geraten darf.

Auch für die United States Army Air Forces (USAAF) verlief dieser 17. August, an dem sie neben Regensburg auch Schweinfurt angriff, verlustreich. In Regensburg gingen den Amerikanern 24 Bomber mit etwa 200 Mann Besatzung verloren. Gut 50 Maschinen waren durch die deutsche Luftabwehr schwer beschädigt worden. Die meisten Opfer wurden in Massengräbern auf dem Oberen Katholischen Friedhof beerdigt.

Laut dem Zeitzeugen Albert Bauer ertönten während der Trauerreden Rufe aus der Menge: "Macht Schluss mit dem Wahnsinn! Hört auf mit dem Krieg!" Die Gestapo wagte es nicht, am Friedhof einzugreifen. In den folgenden drei Wochen wurde in Regensburg kein Flugzeug produziert. Für die Produktion von Flugzeug-Teilen wurden dann zunehmend KZ-Häftlinge herangezogen.

Peter Schmoll, Regensburg. Die Katastrophe des 17. August 1943, Battenberg Gietl Verlag, 2018.

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