Süddeutsche Zeitung

Regensburg:Das goldene Hassobjekt

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Das Haus der Bayerischen Geschichte hatte keinen leichten Start. Inzwischen sind die Regensburger milder gestimmt. Doch jetzt steht da diese neue Skulptur.

Kolumne von Andreas Glas

Alles kommt einem bekannt vor. Wie ein Déjà-vu. Selbe Stadt, selber Platz, gleiche Debatte. Die Stadt heißt Regensburg, Schauplatz ist das Museum der Bayerischen Geschichte - und die Debatte kreist um die Frage: Braucht's des? "Kasten", "Wellblechhütte", "Anblick des Grauens". Das waren so die Komplimente, mit denen die Regensburger das Bayern-Museum herzten, das im Sommer am Donauufer eröffnete. Inzwischen ist Herbst und die Leute haben sich beruhigt oder gewöhnt, vielleicht sogar versöhnt mit dem Neubau in der Altstadt. Gerade war es stiller geworden um die Beziehung der Regensburger zum Museumsareal. Und jetzt? Geht das Granteln wieder los.

"Braucht kein Mensch", "Irrsinn", "so greislich". Das sind die neuesten Kommentare im Netz. Diesmal geht es nicht ums Museum selbst, sondern um die Skulptur, die seit bald einer Woche am Treppenaufgang zum Museum steht. Das neue Hassobjekt ist 8,60 Meter lang, 800 Kilo schwer und blattgoldbeschichtet, 23 3/4 Karat. Die Skulptur soll einen Waller darstellen, einen Fisch also, Nicht-Bayern als Wels bekannt. In einer Mitteilung prophezeite die Stadt: "Der große Neuankömmling wird sicher für Gesprächsstoff sorgen."

Auch die Mittelbayerische Zeitung (MZ) hat das Potenzial des Gold-Wallers direkt erkannt und fragte vergangene Woche auf Facebook: "Ist er nicht, ähm... imposant?" Tenor der Kommentare: ähm... nein! Also stellte die MZ eine zweite Facebook-Frage zum Waller: "Habt ihr schon einen Spitznamen für ihn?" Ein Kommentator schlug "Walli" vor, ein anderer "Wallter". Die übrigen Ideen waren nicht ganz so jugendfrei. "Goldständer", "Riesen Zapferl", "Goldene Kackwurst".

Dann, am Wochenende, die nächste Aufregung ums Kunstwerk: "Waller am Museum ist schon beschädigt", titelt die MZ. Was ist passiert? Eine unbekannte Person hat dem Waller ein Wort mit fünf Buchstaben in die goldene Fischhaut geritzt: "Sperm". Für alle, die kein Englisch können: ja, bedeutet genau das, was Sie jetzt denken! Die Schöpfer des Kunstwerks dürfte dieser Anschlag ziemlich ärgern. Auf Facebook dagegen ist die Freude groß. Einer jubelt: "Endlich hat es einen Namen!"

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Quelle:
SZ vom 22.10.2019
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