Im Fall des erschossenen Musikstudenten Tennessee Eisenberg warten Polizei, Politik und Angehörige nach der Vorlage eines zweiten Gutachtens auf weitere Schritte der Staatsanwaltschaft Regensburg. Eisenberg war im April bei einem Polizeieinsatz in Regensburg von zwölf Polizeikugeln tödlich getroffen worden.
Nach Angaben von Landespolizeipräsident Waldemar Kindler hat im August eine Arbeitsgruppe im Polizeipräsidium Regensburg - darunter Polizeitrainer und Polizeipsychologen - die Arbeit aufgenommen, um den Einsatz aufzuarbeiten.
Normalerweise beginne die Nachbereitung eines solchen Einsatzes erst mit Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, sagte Kindler der Süddeutschen Zeitung. Da die Situation aber für alle Beteiligten sehr belastend sei und die strafrechtlichen Ermittlungen andauern, habe die Nachbereitung schon jetzt begonnen. "Zunächst ist dies ein innerdienstlicher Vorgang, über den aber zu gegebener Zeit auch informiert wird", sagte Kindler.
Den Einsatz selbst verteidigte Kindler: "Die Schwierigkeit des Beamten vor Ort ist: Er muss in Sekunden entscheiden. Wir haben jetzt Monate Zeit, die Situation zu bewerten." Die Rechtsanwälte der Familie des Getöteten hatten jüngst in einem zweiten, privaten Gutachten aufgezeigt, dass die letzten, tödlichen Schüsse wohl nicht aus einer Notwehrsituation heraus gefallen waren.
Im ersten offiziellen Gutachten war der Standpunkt des Schützen noch anders angegeben, so dass der Polizist akut bedroht schien. Dies kritisierten die Rechtsanwälte der Familie, genauso wie die ungewöhnlich rasche Spurensicherung am Einsatzort. "So ein Vorwurf macht mich betroffen. Und weil ich noch nie einen solchen Vorwurf gegen die bayerische Polizei gehört habe, kann ich ihn auch nicht nachvollziehen", verteidigte sich Kindler.
Es sei jetzt Sache der Staatsanwaltschaft zu sagen, ob die polizeiliche Tatortarbeit genügt habe. Ob das der Fall ist, ob es möglicherweise ein drittes Gutachten gibt, ist unklar. Die Staatsanwaltschaft Regensburg will sich derzeit nicht öffentlich dazu äußern.
Auch die Rechtsanwälte der Familie bekamen noch keine Reaktion auf ihren Vorschlag an die Staatsanwaltschaft, den Hergang zu rekonstruieren. "Es gibt Zeugen, die sich nicht genau an die Örtlichkeit erinnern können", sagt Rechtsanwalt Andreas Tronicsek. "Das ist doch Grund genug, das vor Ort nachzustellen, damit sich die besser erinnern können."
Der Vorsitzende des Innenausschusses im Landtag, Joachim Hanisch (FDP), bemängelte, dass "die Fragezeichen in dem Fall immer größer" würden. Der Fall werde im Ausschuss bald wieder zur Sprache kommen, sagte er. Eine der Forderungen des Parlaments sei auch, nach Abschluss der polizeiinternen Untersuchung darüber Aufklärung zu bekommen.
Die FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte zudem jüngst angekündigt, den Fall mit dem Innen- und Justizministerium besprechen zu wollen.