Regensburg:"Wir sind uns vorgekommen wie Aussätzige"

Lesezeit: 2 Min.

Thomas Frimberger will selbst erst einmal nicht mehr Blut spenden, solange sein Sohn Marco es nicht darf. (Foto: privat)

Marco Frimberger wird als Blutspender abgelehnt, offenbar weil er eine leichte geistige Behinderung hat. Für seinen Vater eine klare Diskriminierung.

Von Sarah Höger, Regensburg

Die Blutkonserven in Bayern sind knapp. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) ist froh über jeden Blutspender; allein in Bayern werden jeden Tag rund 2000 Konserven benötigt. Marco Frimberger aus Pentling bei Regensburg wollte Kranken und Verletzten mit seinem Blut helfen - wurde aber als Spender abgelehnt. Offenbar, weil der 20-Jährige eine leichte geistige Behinderung hat.

Sein Vater Thomas Frimberger ist sein gesetzlicher Betreuer und empört über die Ablehnung, die sein Sohn erfahren musste. "Marco nimmt seit Jahren als Motorrollerfahrer am Verkehr teil, gerade lernt er für seinen Autoführerschein und macht Praktika in der freien Wirtschaft", erzählt er. "Aber Blutspenden darf er nicht?"

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Im Juli wollte sich Marco beim Blutspendedienst des BRK am Jahnstadion in Regensburg als Erstspender registrieren. Sein Vater, selbst seit zehn Jahren Blutspender, begleitete ihn zum Termin, er wollte selbst auch gleich spenden. "Die Voruntersuchung lief gut, es gab keine Einwände", berichtet Thomas Frimberger. Marco selbst will lieber nicht mehr über den Vorfall sprechen, zu groß sei der Frust.

Beim anschließenden Gespräch habe der Arzt ihnen eröffnet, dass Marco nicht für eine Spende in Frage käme. Weil er einen gesetzlichen Betreuer hat, wurde Frimberger dort gesagt. Der Arzt habe die beiden dann heimgeschickt, was "sehr peinlich für Marco" gewesen sei. "Das war in einem großen Raum mit drei Ärzten, hinter uns standen Leute an. Alle haben das mitbekommen, wir sind uns vorgekommen wie Aussätzige," sagt der Vater.

Jeder abgelehnte Spender bekommt im Nachgang einen Brief mit der Begründung der Ablehnung. Im Brief an Marco Frimberger, der der SZ vorliegt, steht, dass die Ablehnung nicht aufgrund der gesetzlichen Betreuung stattgefunden hat - wie vom Arzt behauptet. "So ein Gesetz gibt es nicht", heißt es im Brief. Und: Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung dürften nicht grundsätzlich vom Blutspenden ausgeschlossen werden. Die Entscheidung über eine Spendeneignung müsse aber, so die Begründung, letztendlich immer der Spendearzt vor Ort treffen.

"Es ist sowohl für den Spender, als auch für die Spendenempfänger sehr wichtig, dass die spendewillige Person das Wesen der freiwilligen Spende versteht", sagt auch BRK-Sprecher Patric Nohe auf Nachfrage der SZ. "Es ist also möglich, dass der Spendearzt vor Ort den Eindruck hatte, dass der junge Mann die Grundzüge der Blutspende nicht ausreichend nachvollziehen konnte."

Zu den Grundzügen gehöre zum Beispiel, dass die Person den Spender-Fragebogen selbst ausfüllen und den sogenannten vertraulichen Selbstausschluss ohne die Hilfe einer Vertrauensperson vornehmen kann. Der Selbstausschluss besagt, dass der Spender selbständig von einer Spende zurücktreten muss, wenn er der Meinung ist, dass sein Blut nicht verwendet werden sollte. Etwa, weil er in einem Malaria-Risiko-Gebiet war, frisch tätowiert ist oder eine professionelle Zahnreinigung hatte. Marco Frimberger habe der Arzt diese Selbständigkeit offenbar nicht zugetraut.

"Marco hat mit den Antworten im Arztgespräch schon etwas gezögert, ich habe ihn dann unterstützt im Gespräch", sagt Frimberger. "Aber er hat klar gemacht, dass er freiwillig spenden will und versteht, was er da tut." Die Ablehnung durch den Arzt verstehe er als Missachtung und Diskriminierung. "Marco ist körperlich topfit, fährt 100 Kilometer Fahrradtouren ohne Probleme. Ich sehe keinen Grund, wieso er nicht auch Blut spenden sollte", sagt der Vater. Für ihn ist klar: Solange sein Sohn kein Blut spenden darf, will er auch nicht mehr. Seinen Blutspendeausweis hat er zurückgegeben.

© SZ vom 23.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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