Regensburg: Anonyme Hotline:Hilfe für Pädophile

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In Regensburg hat Bayerns erste Pädophilen-Ambulanz eröffnet: Männer, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, bekommen dort anonym Hilfe.

Dietrich Mittler

Männer, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und befürchten, dass sie sich eines Tages an einem Kind vergreifen könnten, finden jetzt Rat und Hilfe unter der Nummer 0941/941-1088. Bayerns erste Pädophilen-Ambulanz schaltete am Donnerstag ihre Hotline frei.

Erklärtes Ziel ist, sexuellen Missbrauch an Kindern zu verhindern. "Die betroffenen Männer stehen oft unter einem großen Leidensdruck", sagte Michael Osterheider, der Leiter der Ambulanz, die beim Bezirksklinikum Regensburg angesiedelt ist. Viele Pädophile verabscheuten selbst Übergriffe auf Kinder, doch bislang gebe es für sie kaum geeignete Therapiemöglichkeiten. Nach Osterheiders Einschätzung wird sein Präventionsteam in den kommenden drei Jahren bis zu 140 Männer behandeln können.

Den Hilfesuchenden, so betonte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU), sei Anonymität zugesichert: "Sie können sich darauf verlassen, dass ihre Neigungen vertraulich behandelt werden - auch dann, wenn sie möglicherweise schon Taten begangen haben, die noch nicht bekannt geworden sind." Merks Ministerium unterstützt die Initiative "Kein Täter werden - Bayern", die auf Erfahrungen der Berliner Charité aufbaut, mit gut 200.000 Euro im Jahr.

Laut Forschung ist ein Prozent der Männer betroffen

"Wenn Pädophile erst einmal eine Straftat begangen haben, sind sie therapeutisch meist nur noch sehr schwer erreichbar", betonte Osterheider. Deshalb sei es unbedingt geboten, präventiv vorzugehen. Hier seien die Chancen schon deshalb gut, weil die anrufenden Männer "ja durchaus ein Problembewusstsein bezüglich ihrer sexuellen Impulse" besitzen.

"Wir können diese Menschen zwar nicht heilen, aber wir können ihnen dazu verhelfen, ihre sexuellen Neigungen unter Kontrolle zu halten", sagte Osterheider. Die medizinische Forschung geht davon aus, dass ein Prozent der männlichen Bevölkerung in Bayern pädophile Neigungen hat - theoretisch also viele tausend. Kritisch würde die Lage dann, wenn die Betroffenen sich im Internet mit einschlägiger Pornographie versorgen und schließlich im Laufe der Jahre die sexuellen Fantasien Überhand nehmen.

Allein im vergangenen Jahr verzeichnete das Bundeskriminalamt mehr als 11000 Fälle von Kindesmissbrauch. "Diese Taten reißen bei den Opfern tiefe Wunden, die nie verheilen", sagte Justizministerin Merk.

© SZ vom 10.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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