Reform von Entwicklungsprogramm:Harsche Kritik am Masterplan von Martin Zeil

Lesezeit: 3 Min.

Das Landesentwicklungsprogramm ist der Masterplan der bayerischen Staatsregierung für die Zukunft Bayerns. Wirtschaftsminister Zeil (FDP) versucht sich seit Jahren an einer Reform. Doch auch sein neuester Entwurf kommt nicht gut an - nicht einmal beim Koalitionspartner CSU.

Christian Sebald und Mike Szymanski

Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) droht im zweiten Anlauf mit seiner Reform des Landesentwicklungsprogramms (LEP) zu scheitern. Gut vier Wochen vor Ablauf der Frist, in der die mehr als 2000 Kommunen Bayerns Stellung zu Zeils Plänen beziehen sollen, hagelt es Kritik von allen Seiten. Der Abensberger Bürgermeister und Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) spricht verärgert von "Kosmetik". Der Nürnberger OB und Städtetagschef Ulrich Maly (SPD) vermisst eine "gründliche Auseinandersetzung mit so wichtigen Themen wie der Energiewende und dem demografischen Wandel".

FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil tut sich schwer mit der Reform des bayerischen Landesentwicklungsprogramms. (Foto: dpa)

Selbst der Koalitionspartner CSU distanziert sich. Der Landtagsabgeordnete und Ex-Wirtschaftsminister Erwin Huber spricht von "erheblichem Nachbesserungsbedarf". Grüne und SPD, aber auch der Bund Naturschutz (BN) fordern, dass Zeil das Papier zurückzieht und komplett überarbeitet. Doch das lehnt der Wirtschaftsminister ab. "Wir fangen jetzt nicht wieder von vorne an", sagte er am Dienstag.

Das LEP ist seit den 1970er Jahren der Masterplan der Staatsregierung für die Entwicklung Bayerns. Es soll Antworten geben auf die Herausforderungen, vor denen der Freistaat steht - gleich ob es die Globalisierung ist oder der Klimawandel, die Energiewende oder der demografische Wandel. Zentrales Ziel des Programms sind gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen überall in Bayern.

Angesichts der Fülle der Themen nahm das LEP im Laufe der Zeit einen solchen Umfang an, dass selbst Fachleute den Überblick verloren. Deshalb trat Zeil mit dem Versprechen an, er werde das neue LEP erheblich verschlanken und entbürokratisieren. Außerdem sollten es ländliche Kommunen, so sein Versprechen, künftig sehr viel einfacher haben, wenn sie Einkaufsmärkte ansiedeln wollen.

Auf den ersten Blick hat Zeil sein Versprechen eingelöst. "Wir reduzieren die Ziele auf ein Viertel und die Grundsätze auf ein Drittel", sagte er stolz, als das Kabinett das Papier beschloss. "Mit dem schlankeren LEP eröffnen wir den Kommunen neue Spielräume, die sie eigenverantwortlich nutzen können."

Die Kommunen teilen Zeils Einschätzung überhaupt nicht. "Unter Entbürokratisierung, Deregulierung und Kommunalisierung stellen wir uns etwas anderes vor", sagt Gemeindetagschef Brandl. In vielen Bereichen, etwa bei den Vorgaben für die Siedlungsstrukturen, sei das neue LEP das alte. Und bei anderen wichtigen Themen, wie der Energiewende, seien die Aussagen so vage, dass sie nicht weiterhülfen. "Deshalb", so Brandl, "muss das Papier erheblich nachgebessert werden." Das sieht Städtetagschef Maly genauso, wenngleich der Nürnberger OB deutlich moderatere Formulierungen wählt.

Ex-Wirtschaftsminister Huber, der das LEP bei der letzten Überarbeitung im Jahr 2006 verantwortete, ärgert sich ebenfalls über die vielen "unverbindlichen Absichtserklärungen". Die CSU-Fraktion werde den Entwurf deshalb "klar, pointiert und richtungsweisend konkretisieren". Auch aus Hubers Sicht muss Zeil besonders im Kapitel zur Energiewende nacharbeiten. Das Konzept gebe lediglich den Atomausstiegsplan der Staatsregierung wieder, ohne auf die daraus entstehenden Interessenkonflikte einzugehen.

"Für die Energiewende muss eine klare Prioritätensetzung der Energieerzeugung, des Netzausbaus und von Speicheranlagen auch vor Belangen des Landschafts- und Naturschutzes erfolgen", fordert Huber und erhöhte den Druck auf Zeil, indem er erklärt, das neue LEP sei eines der "wichtigsten Vorhaben", der schwarz-gelben Koalition.

Die SPD-Abgeordnete Annette Karl zeigte sich verblüfft über die massive Kritik selbst aus dem Regierungslager. "Das ist ein Beleg für die komplette Handlungsunfähigkeit von Schwarz-Gelb, wenn der Ex-Wirtschaftsminister den im Ministerrat einstimmig beschlossenen Entwurf des LEP so auseinanderpflückt, als wäre er nicht Mitglied der CSU-Fraktion und damit einer Regierungsfraktion", sagt Karl.

Die Grünen kritisieren, dass der demografische Wandel "nur im Vorspann in unverbindlichen Grundsätzen vorkommt", wie ihr Abgeordneter Thomas Mütze erklärte. Beim Thema Verkehr fehlten völlig Ansätze zur Verkehrsvermeidung oder Verkehrsreduzierung. Stattdessen sollten Straßen und Flughäfen ausgebaut werden, was überhaupt nicht zu den Bekenntnissen zum Klimaschutz passe.

Deshalb lehnt auch der BN den Entwurf ab. "Statt Leitplanken für eine ökologische Energie- und Verkehrswende und den Stopp des Flächenfraßes durchzusetzen, sollen die letzten Hürden für gigantische Verkehrsprojekte und Supermärkte weggeräumt werden", klagt BN-Chef Hubert Weiger.

Zeil sagte, einzelne Präzisierungen könne es im Zuge der Beratungen noch geben. Er werde das Verfahren jedoch nicht stoppen. "Wir wollen das LEP in dieser Legislatur verabschieden."

© SZ vom 29.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: