Auf ihrer Facebook-Seite wünscht die Bayernpartei (BP) ihren "schottischen Freunden von Herzen einen Sieg beim Referendum". Die BP selbst würde sich so ein Referendum für Bayern wünschen, um die lang ersehnte Eigenständigkeit des Freistaats zu erreichen. Florian Weber, Landesvorsitzender der BP, hofft auf ein "Yes" der Schotten zur Unabhängigkeit.
Herr Weber, warum stimmen die Bayern nicht wie die Schotten über ihre Unabhängigkeit ab?
Florian Weber: Ganz so einfach ist es nicht. Wir wollen keine neuen Grenzen in Deutschland aufbauen, aber mehr Selbstbestimmung. Angenommen, die Schotten schaffen das - und auch bei den Tschechen und Slowaken lief die Trennung ja friedlich -, dann wäre das ein starkes Zeichen, weil man sieht, dass Abspaltungen in Europa grundsätzlich möglich sind. In Bayern müssen wir aber noch viel mehr für unsere Idee werben. Laut einer Studie der Hanns-Seidl-Stiftung befürworten 23 Prozent der befragten Bayern einen eigenständigen Staat und 16 Prozent könnten sich das zumindest vorstellen (Anm. d. Red.: Die Zahlen finden Sie in der Studie ab Seite 41). Es braucht also noch viel politische Arbeit und einen Meinungsumschwung.
Einen Meinungsumschwung?
In Schottland gibt es momentan etwa gleich viele Befürworter und Gegner für die Eigenständigkeit. Im November wollen die Katalanen über ihre Unabhängigkeit von Spanien abstimmen, dort sind sogar 80 Prozent für einen eigenen Staat. So weit ist Bayern noch nicht. Aber das Bedürfnis nach Heimat wächst. Das merkt man auch bei jungen Leuten. Viele tragen wieder eine Tracht, manche im Landhaus-Stil, andere echte. Aber Heimat ist dabei traditionsbezogen und nicht mit reaktionärem Gedankengut verbunden.
Wegen Dirndl und Lederhosen soll Bayern unabhängig werden?
Natürlich nicht nur. Die Unterschiede sind bei uns nicht ganz so markant wie in Schottland. Bairisch ist ja kaum mehr eine eigene Sprache, sondern primär ein Dialekt.
Wie würde Bayern denn profitieren?
Für Bayern hätte die Unabhängigkeit viele Vorteile. Momentan kann der Freistaat beschließen was er will, auf Bundesebene muss das noch lange nicht umgesetzt werden. Aus meiner Sicht reichen Volksentscheide in Bayern zur Mitbestimmung nicht aus, da ja die meisten Gesetze aus Berlin kommen. Durch die Eigentstaatlichkeit könnte es demokratischer werden. Auch finanziell stünde Bayern besser da, gerade wird ja wieder über die Abschaffung des Länderfinanzausgleichs diskutiert. Derzeit werden jährlich Milliarden Euro ohne Gegenleistung von Bayern gezahlt. Wir wollen nicht unsolidarisch sein, aber es macht keinen Sinn, die Kuh zu schlachten, die man eigentlich melken will.
Und umgekehrt: Was würde den Schotten die Unabhängigkeit bringen?
In einem unabhängigen Schottland würde sich der Einfluss des Einzelnen natürlich vergrößern. Die schottischen Politiker, die aktuell in London vertreten sind, haben ja fast nichts zu sagen, in einem eigenen Staat könnten sie bessere Politik machen. Das Land hat zwar Erdölvorkommen, von den Erlösen hat es aber derzeit kaum etwas. Und Sprache und Tradition können in einem unabhängigen Schottland viel besser gepflegt werden.
Sprache und Tradition sind den Franken auch wichtig. Was, wenn die nicht zu einem unabhängigen Bayern gehören möchten?
Ich hoffe zwar nicht, dass die Franken das wollen. Aber wenn wir ein Selbstbestimmungsrecht für uns in Anspruch nehmen, müssten wir das auch den Franken gewähren. Die Bayernpartei tritt sogar für mehr Autonomie der Franken innerhalb von Bayern ein.
Zersplittert dann nicht nach und nach alles?
Wir leben in einer globalisierten Welt, ob einem das gefällt oder nicht. Deshalb gibt es wohl auch in ganz Europa eine Rückbesinnung auf die Regionen. Die Bayernpartei ist für ein föderalistisches Europa mit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und groben Wirtschaftsnormen. Sie will aber kein zentralistisches Europa, wie es Frau Merkel vermutlich möchte. In so einem Fall müsste ein unabhängiger Freistaat Bayern den Schweizer Weg wählen und sich aus der EU ausklinken. Aber das hoffe ich nicht. Wenn Schottland jetzt eigenständig wird und in den Euro einsteigt, würde das Europa sicherlich stärken.
Sollte Schottland unabhängig werden, würde Elizabeth II. Staatsoberhaupt bleiben: Befürworter bei einem Treffen auf der Grenze bei Berwick-Upon-Tweed.
Doch sollte Schottland wirklich den Sprung ins Ungewisse wagen? "Nein, danke", meint dieser Schotte in Edinburgh.
Über die Unabhängigkeit Schottlands dürfen am 18. September vier Millionen wahlberechtigte Einwohner ab 16 Jahren abstimmen.
Auch wenn dieses Bild etwas anderes suggeriert: Jüngste Umfragen zeigen, dass es eine Mehrheit für die Unabhängigkeit gibt.
Wie die Zukunft Schottlands als souveränes Land aussehen wird, ist in vielen Punkten vollkommen unklar.
Stimmen die meisten Schotten mit "Ja", heißt das zum Beispiel, dass eventuell Grenzkontrollen zwischen England und Schottland notwendig werden.
Stimmen die meisten Schotten mit "Nein", heißt das auch, dass 27.000 der 44.000 Beamten ihren Job behalten können.